Samstag, 3. März 2012

Für die Fastenzeit

Die Waage


Das Essen schmeckt halt viel zu gut,was einer auch dagegen tut,

man kann sich wehren, wie man will,

zumeist ist es halt doch zu viel.

Wenn noch so stark die Fastenplage,

es zeigt bergauf die böse Waage.

Da isst man nur das halbe Schnitzel,

vom Kuchen nur ein kleines Bitzel,

und führt auch Suppentage ein,

trinkt mäßig Bier und kaum noch Wein,

doch sieht man trotzdem alle Tage:

Es reagiert auf plus die Waage.

Man lobt die Magerungsdiät,

Kasteiung von der Früh bis spät;

die Roller-Kur ist angesagt,

der Hunger an den Nerven nagt.

Selbst wenn ich mich der Tort´ entschlage,

belohnt dies doch nicht meine Waage.

Dann lass ich jeden Zucker weg,

vermeide Wurstsalat und Speck,

verzichte tapfer auf den Schlag,

so dass ich beinah schon verzag´,

und wenn ich dann voll Hoffnung frage:

„Geht’s runter?“, höhnt mit nein die Waage.

Ich jogge auf den Gipfel rauf,

mach´ täglich einen Dauerlauf,

dann renn ich noch herum im Garten;

kann so doch wohl mit Recht erwarten,

geschrumpft zu sein nach dieser Plage,

doch ächzt fast hämisch nur die Waage.

Auch schleppe ich in Kisten Bier,

belastet wie ein Eseltier,

und geh ich in den Stock hinauf,

so mach ich dieses fast im Lauf,

selbst wenn ich täglich Säcke trage,

ganz ungerührt steigt hoch die Waage.


Man denke nur an meine Not:

Wenn fastend kau´ ich hartes Brot,

Salat ganz ohne Ölung esse,

auch süße Säfte karg bemesse

und nur noch Hühnerknochen nage,

beeindruckt dieses kaum die Waage.

Begeb´ dich auf die Wandertour,

rät man, und mach die Hungerkur,

dort wirst gewalkt und abgespeckt,

die Lebenslust wird neu geweckt.

Doch folgt darauf die alte Klage:

Es pendelt viel zu hoch die Waage.

Jetzt riet mir so ein Naseweis,

ich solle schwitzen möglichst heiß,

die Sauna mache straff die Haut,

Verkalkung wird auch abgebaut,

die Hitz´ das Fettpolst´ runterschabe.

Mit scheint, es grinst dazu die Waage.

Ich frage, wo liegt denn der Grund

für Korpusfülle, prächtig rund?

Ihr könnt versteh´n, dass ich verzag´.

Wieso war denn umsonst die Plag?

Gestattet, dass ich es euch sage:

Die Schuld liegt einzig bei der Waage.

Doch haben wir ja Fastenzeit,

der Ruf ertönt: Enthaltsamkeit!

Es macht der Hunger selten krank,

zu Ostern sind wir sicher schlank.

Und weil ich sie hinunterjage,

erholt sich prächtig dann die Waage.

AM