Montag, 1. Oktober 2012


28. Sonntag im Jahreskreis
14. 10. 2012

Mk 10, 17-30

17Als sich Jesus wieder auf den Weg machte, lief ein Mann auf ihn zu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?
18Jesus antwortete: Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer Gott, dem Einen.
19Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen, du sollst keinen Raub begehen; ehre deinen Vater und deine Mutter!
20Er erwiderte ihm: Meister, alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt.
21Da sah ihn Jesus an, und weil er ihn liebte, sagte er: Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach!
22Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen.
23Da sah Jesus seine Jünger an und sagte zu ihnen: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen!
24Die Jünger waren über seine Worte bestürzt. Jesus aber sagte noch einmal zu ihnen: Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen!
25Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.
26Sie aber erschraken noch mehr und sagten zueinander: Wer kann dann noch gerettet werden?
27Jesus sah sie an und sagte: Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich.
28Da sagte Petrus zu ihm: Du weißt, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt.
29Jesus antwortete: Amen, ich sage euch: Jeder, der um meinetwillen und um des Evangeliums willen Haus oder Brüder, Schwestern, Mutter, Vater, Kinder oder Äcker verlassen hat,
30wird das Hundertfache dafür empfangen: Jetzt in dieser Zeit wird er Häuser, Brüder, Schwestern, Mütter, Kinder und Äcker erhalten, wenn auch unter Verfolgungen, und in der kommenden Welt das ewige Leben.

Gedanken zum Evangelium

Dieses Evangelium macht uns zu schaffen. Unser Gewissen lässt sich nicht so leicht beruhigen. Fast reflexartig suchen wir nach Erklärungen, warum wir nicht auf Besitz und Reichtum verzichten können: Es kann ja nicht jeder besitzlos leben. Wir gehören ja ohnehin nicht zu den Reichen. Wir tun ja doch viel Gutes für die Armen. Wir ertappen uns bei solchen und ähnlichen Überlegungen. Müssen wir ein schlechtes Gewissen haben? Grundsätzlich ist ein schlechtes Gewissen nichts Negatives, denn es führt zur Besinnung und zur Kurskorrektur. Wessen Gewissen immer nur ruhig und zufrieden ist, hat es vielleicht eingeschläfert oder überhaupt entsorgt.

Bedenken wir den Bericht im Evangelium und die Worte Jesu ganz ruhig und unvoreingenommen.

Der reiche Jüngling lebt vorbildlich nach dem Willen Gottes.
Reichtum bedeutet nicht automatisch Gottferne, liederliches Leben und Missachtung der Gebote Gottes. Auch der Reiche kann und soll die Gebote achten, ein religiöses Leben führen und seine Beziehung zu Gott und zur Christengemeinde ernst nehmen. Alle Reichen als gottlos zu bezeichnen, wäre lieblos und ungerecht.

Was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?
Es geht dem Jüngling nicht bloß um diesseitige Werte. Er spürt offenbar die Leere, die vergängliche Güter in seiner Seele zurücklassen. Er sehnt sich nach letztem Heil und letzter Freude.
Wie schaut es bei uns Christen aus? Häufig findet man die geäußerte oder doch im Geheimen vorhandene Ansicht, dass es eigentlich so bleiben könnte wie es ist. Viele würden auf das ewige Leben verzichten, weil es ihnen ja gut geht und sie sich glücklich fühlen.
Diese Sicht greift zu kurz. Wie lange geht es denn weiter mit dem „schönen Leben“? Wie oft kommt unerwartet eine ganz neue Lebenssituation.
Es geht immer um unsere letzte Berufung. Wir sind auf Dauer angelegt, nicht auf das Vergehen nach einigen Jahrzehnten. Wir sind für die Fülle des Lebens durch Gott bestimmt. Wir können nicht aus der Weltgeschichte entschwinden. Wir haben eine Zukunft, in die hinein wir gerettet werden müssen, wenn unser Leben Sinn haben soll.
Es gibt nur das ewige Leben der Vollendung bei Gott oder die letzte Sinnlosigkeit. Daher ist auch für uns die Frage brennend aktuell: Wie kann ich das ewige Leben gewinnen?

Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe alles, was du hast, gib das Geld den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach!
Manche sind zu dieser vollkommenen Nachfolge berufen. Sie verzichten auf persönlichen Besitz, sie unterwerfen sich einer Lebensform der Nähe zu Gott, sie werden in dieser Welt zum Zeichen des Ewigen.
Aber auch die Christen in der Welt sind zu einem Leben berufen, das ein Hinweis sein kann auf das kommende und entscheidende Lebensziel. Wer so diesseitig lebt, als gäbe es den Himmel nicht, der befindet sich nicht auf einem christlichen Weg und überhört den Ruf Jesu, ihm zu folgen. Wir sollten wieder unser tägliches Leben, den Stellenwert unseres Arbeitens, Sorgens, Strebens und Feierns überprüfen und uns neu an Jesu Wort orientieren. Vielleicht würden manche Ängste geringer und unser Leben gelassener und freier. Der Christ wird Vergängliches nicht überbewerten und seinen Blick nicht ausschließlich auf die Güter dieser Erde richten.

Wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen!
Der Jüngling geht traurig weg. Diesen Verzicht kann er sich nicht vorstellen. Reichtum bringt Sorgen und hindert daran, die Beziehung zu Gott entsprechend zu pflegen. Nichts haben ist ein ruhiges Leben, sagt ein Sprichwort des Volkes.
Reichtum ist nicht an sich schlecht, kann aber zum Hindernis dafür werden, sein Denken zu Gott zu erheben, ihn zu ehren, die Beziehung zu ihm zu pflegen und das letzte Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren. Der Erwerb von vergänglichen Werten kann den Blick auf Wesentliches wie Glaube, Nächstenliebe, Fürsorge, Güte, Mitmenschlichkeit und geistige Güter verdunkeln.
Weisen wir unserem Reichtum den Platz zu, der ihm gebührt und vor Gott richtig ist: Vergängliches darf bei uns nicht als höchster und letzter Wert angesehen werden, Diesseitiges nicht über das gestellt werden, was uns zu Gott führt.

Für Gott ist alles möglich.
Viele sind so in die scheinbaren Notwendigkeiten verstrickt, dass es unmöglich scheint, sich daraus zu befreien. Der Christ kann aber auf Gott vertrauen, sein Erbarmen erhoffen und auch in den Sorgen um das Irdische zuversichtlich bleiben. Wer sich in dem Bewusstsein, hilfsbedürftig und schwach zu sein, an Gott wendet, kann von den Wunden seines Herzens, die diesseitiges Streben schlägt, geheilt und gerettet werden.

Die frohe Botschaft des Sonntags soll uns Wohlhabende zur Besinnung führen. Jesu Worte können unsere Lebenssicht korrigieren, aber auch in unseren Verirrungen und diesseitigen Verstrickungen Zuversicht geben. (merli@utanet.at)