6. Sonntag der Osterzeit
21. 5. 2017
Jo 14, 15-21
In
jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
15Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten.
16Und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen
anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll.
17Es ist der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen
kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei
euch bleibt und in euch sein wird.
18Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, sondern ich
komme wieder zu euch.
19Nur noch kurze Zeit, und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr
aber seht mich, weil ich lebe und weil auch ihr leben werdet.
20An jenem Tag werdet ihr erkennen: Ich bin in meinem Vater,
ihr seid in mir und ich bin in euch.
21Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich
liebt; wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich
werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.
Gedanken zum Evangelium
Das kostbarste Gefühl, zu dem
Menschen fähig sind, ist die Liebe. Unter Liebe kann man Verschiedenes
verstehen. Der eine sagt: Ich liebe meinen Hund. Ein anderer meint: Ich liebe
den Frühling. Ein dritter äußert: Ich liebe den Wein.
Eine ganz andere Bedeutung hat
das Wort Liebe, wenn es um Menschen geht: Ich liebe meinen Mann, meine Kinder,
meine Braut, meinen Freund usw. Doch auch bei der Liebe zu einem Menschen gibt
es verschiedene Stufen. Man kann selbstlos oder selbstsüchtig lieben. Man kann sich
Liebe einbilden oder sie vortäuschen. Die Liebe ist tragfähig und belastbar
oder nur eine Strohfeuerliebe. Liebe bedeutet manchmal Entscheidung für den
geliebten Menschen oder sie besteht nur aus einer momentanen Begeisterung, die womöglich
rasch verfliegt. Die Liebe kann selbstlos oder egoistisch sein. So viel wie
heute wurde noch nie über Liebe geschrieben, und doch haben manche keine Ahnung
davon, was Liebe wirklich sein kann. Sie kennen nur die blasse, eingeschränkte,
unvollkommene, oberflächliche Liebe.
Christen sind immer aufgerufen, ihre Liebesbeziehungen zu vertiefen, zu
festigen und zu verbessern. Wie im ganzen Leben sollen sie sich dabei an Jesus
orientieren. Sein Leben zeigt, wie wahre Liebe ausschauen kann und soll. An
Jesus gilt es jede Woche Maß zu nehmen.
Im heutigen Evangelium spricht
Jesus von der Liebe zwischen ihm und seinen Jüngern. Diese Liebe ist nicht in
erster Linie gemütsbetont. Sie hat folgende wesentliche Eigenschaften und
Ergebnisse:
„Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten.“
Die Liebe zu Gott, zu Jesus wird
verwirklicht, wenn wir die Gebote halten. Über die Zehn Gebote hinaus sind es
die Wegweisungen Jesu, die wir besonders in der Bergpredigt (Mt 5-7) vernehmen.
Nicht das Gefühl steht dabei im Vordergrund, sondern die Bereitschaft, Gottes
Willen zu erfüllen.
„Es ist der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann.“
Wer Jesus ernst nimmt, der
empfängt den Geist Gottes, die höchste Gabe für Menschen. Er wird an den
Lebensstrom des Dreifaltigen Gottes angeschlossen. Gottes Geist wird in seinem
Geist immer mehr wirksam, so dass er erkennen kann, worauf es in seinem Leben
ankommt. Er wird fähig, die Geschehnisse in der Welt und in seinem Leben
richtig zu deuten. Er begreift zunehmend die Wahrheit, die von Gott her gilt.
Er kann daher auch anderen gute Ratschläge geben. Er lässt sich nicht von
Zeitströmungen betören und durchschaut die leichtgewichtigen Behauptungen falscher
Propheten.
„Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen.“
Diese freundschaftliche, treue
Liebe zu Gott bewirkt Geborgenheit. Der in Liebe mit Jesus Verbundene gehört zu
denen, um die er sich sorgend kümmert, die bei ihm ein Zuhause haben werden, ja
sich jetzt schon unter seinem liebenden Schutz befinden. „...wer mich aber
liebt, wird von meinem Vater geliebt werden, und auch ich werde ihn lieben und
mich ihm offenbaren.“
Wer dies bedenkt, wird alles daransetzen, die liebende Gemeinschaft mit
Jesus stets zu erneuern, zu festigen und zu vertiefen. In dieser Liebe wird der
Christ auch fähig, seine Mitmenschen tragfähig und beglückend zu lieben:
Eltern, Ehepartner, Kinder, Freunde, Hilfsbedürftige und Einsame. (merli@utanet.at)