Nach der Pfarrgemeinderatswahl
Ein Wort an die
Mitarbeiter in der Pfarre (als Diskussionsgrundlage)
April 2017
Zuerst muss man allen, die zur Mitarbeit in einer
Pfarrgemeinde bereit sind, Dank und Anerkennung aussprechen. Sie stellen ihren
Mitmenschen Zeit und Energie zur Verfügung, ohne davon materielle Vorteile zu
haben. Sie tun das letztlich aus ihrem Glauben heraus.
Doch der Glaube ist nie endgültig gefestigt, erfährt Krisen
und wird von Unsicherheiten begleitet. Die religiöse Weiterbildung ist häufig
mangelhaft und es fehlen solide Kenntnisse. Auf manche Fragen findet man keine
Antworten.
Daher halten es sicher Mitarbeiter in der Pfarre, Männer und
Frauen sowie Jugendliche, für nötig, sich in Glaubensfragen weiterzubilden.
Dies kann und soll auch im Laufe einer Amtsperiode des Pfarrgemeinderates
geschehen.
Dazu wäre zuerst die Überzeugung erforderlich, dass die
Mitarbeiter einen Auftrag übernommen haben, der von Gott stammt. Sie sind
gleichsam Apostel Jesu Christi. Manche werden im Laufe der Jahre müde oder sind
frustriert, weil ihnen die solide religiöse Grundlage gefehlt hat oder die
Bedeutung ihrer Berufung nicht einsichtig wurde.
Wie denkt, lebt und wirkt ein Apostel Jesu oder ein für den
Glauben seiner Mitchristen in einer Pfarre Verantwortlicher? Als Antwort auf
diese Fragen könnte man den Mitarbeitern zur Entwicklung ihres religiösen
Lebens Folgendes vorschlagen:
- Stehen zu seiner christlichen Überzeugung im Familien- und Bekanntenkreis. Angsthasen taugen nicht für eine gedeihliche Mitarbeit in einer Pfarre.
- Notwendig ist der Kontakt zu Jesus besonders in zweifacher Hinsicht:
- durch das tägliche persönliche Gebet,
- durch die regelmäßige Mitfeier der heiligen Messe und den Empfang der Sakramente.
- Um der Mitarbeit ein tragfähiges Fundament zu geben, wären das Lesen aus der Bibel, besonders der Bergpredigt, und das Gespräch darüber lebenswichtig.
- Notwendig ist auch die Bereitschaft, Weiterbildungsangebote in Glaubensfragen wahrzunehmen: Glaubenskurse, Besinnungstage oder das Lesen einschlägiger Schriften.
- Das religiöse Gespräch bei den Zusammenkünften sollte nie fehlen.
- Dann ist eine wache Beobachtung des kirchlichen Geschehens in der eigenen oder auch in anderen Pfarren erforderlich. Da gibt es gute Anregungen für die eigene Pfarre
- Für ein Miteinander bei der Pfarrarbeit sind ein gegenseitiges Vertrauen, der Mut, seine Meinung offen zu sagen und die Bereitschaft zuzuhören und über alles zu sprechen, erforderlich.
- Wichtig ist, dass man sich gegenseitig achtet, wobei jede Überheblichkeit zu vermeiden ist.
- Gelegentliche gemeinsame entspannte Feste und Feiern, wozu auch die Ehepartner eingeladen werden sollten, wären für ein gutes Klima förderlich.
Es wird nicht jedes Mitglied des Pfarrgemeinderates trotz
Bemühens sogleich ein Theologe oder Heiliger. Aber im Laufe der Jahre werden
sich der Glaube und das religiöse Leben allmählich immer mehr festigen und
vertiefen. Und das ist gut so und bringt Freude.
Die Mitarbeit und auch das Streben nach Vertiefung des
Glaubens sollen und können dem Leben einen tiefen Sinn geben.
Dies wünscht den Mitgliedern des Pfarrgemeinderates und
allen Mitarbeitern mit herzlichen Grüßen
Altpfarrer A. Merli
Fiktives Gespräch eines „Randchristen“ (R) mit einem
Mitglied des Pfarrgemeinderates (PGR) in einer unbekannten Pfarre
Juni 2017
R: Guten Morgen
PGR: Grüß dich. Wie geht’s immer?
R: Danke, gut. Und wie geht
es dir?
PGR: Jetzt wieder ganz gut. Ich war sehr verkühlt.
R: Kein Wunder bei diesem
Wetter. Ich habe gehört, du bist in den PGR gewählt worden. Ich gratuliere.
PGR: Danke. Ja, man hat mich überredet, dann habe ich
halt ja gesagt.
R: Mich hat es ein wenig
gewundert. Du bist ja eigentlich gar kein großes „Kirchenlicht“.
PGR: Das war und bin ich beileibe nicht. Aber der Herr
Pfarrer hat gesagt, er wäre froh, wenn ich mitarbeiten würde. Dazu müsse man
kein Heiliger sein.
R: Da werden wir dich in
Hinkunft am Sonntag nicht mehr beim Frühschoppen sehen, denn du bist ja sicher
in der Kirche.
PGR: Ich habe mir das überlegt. Soll ich ein halber oder
ein ganzer Christ sein. Zum katholischen Christen gehört die Sonntagsmesse wie
das Amen zum Gebet. Aber deshalb werde ich halt dann später zum Frühschoppen
kommen oder ich besuche die Messe schon am Samstag Abend.
R: Du wirst jetzt also ein
vorzüglicher frommer Katholik.
PGR: Eigentlich ändert die Mitgliedschaft im
Pfarrgemeinderat nichts Wesentliches. Es sollte ja jeder katholische Christ an
Sonn- und Feiertagen die Eucharistie ohne Ausnahme mitfeiern. Das ist ja nichts
Besonderes, das gehört einfach zum Gläubigsein dazu. Früher habe ich das nicht
so genau überlegt.
R. Du meinst also, dass der
ein schlechter Christ ist, der die Sonntagsmesse nicht oder nur gelegentlich
besucht?
PGR: Es gibt keine komplett guten oder schlechten
Christen. Alle haben Vorzüge und Schwächen. Im Bereich der Verehrung Gottes bist
du ein schlechter Christ. Als hilfsbereiter Nachbar bist du vielleicht ein
guter Christ.
R: Das freut mich, dass ich
nicht gleich ganz verdammt werde.
PGR: Ich habe es mir durch den Kopf gehen lassen und
beschlossen, mich bezüglich der Sonntagsheiligung konsequent zu verhalten und
das dritte Gebot „Du sollst den Tag des Herrn heiligen“ in Hinkunft zu achten.
R: Ich kann es mir gar nicht
mehr vorstellen, dass ich am Sonntag in die Kirche gehe. Ich denke, da schauen
mich alle wie ein Weltwunder an. Bei Begräbnissen ja, aber sonst hätte ich ein sonderbares Gefühl,
wenn ich da oben auftauchte.
PGR: Ich habe auch eine solche Phase gehabt. Als
Jugendlicher und auch noch später konnte ich mir das auch kaum mehr vorstellen.
Dann begann ich bei Festen meiner Kinder oder zu besonderen Anlässen die Messe
mitzufeiern, und jetzt habe ich diesbezüglich keine Hemmungen mehr.
R: Im Gasthaus oder beim
Heurigen würden meine Kumpane vielleicht sagen: Jetzt wirst du bald ein
Heiliger.
PGR: Das ist mir heute egal, was sie sagen. Ich habe mich
entschlossen, so gut ich kann nach meinem Glauben zu leben, und das soll auch
jeder wissen.
R: Aber auf die Sonntagsmesse
kommt es doch gar nicht an. Man muss doch nur ein anständiger Mensch sein.
PGR: Wie schon gesagt, wenn einer nur pünktlich in die
Messe geht, aber sonst ein widerlicher Ungustl ist, dann ist das gänzlich
verkehrt. Andererseits ist halt auch die Vernachlässigung Gottes kein
Ruhmesblatt. Beides gehört zusammen: Gottesdienst und Mitmenschlichkeit.
R: Ich weiß eigentlich gar
nicht, wieso die heilige Messe so wichtig ist. Was ich in der Schule gelernt
habe, ist schon längst verschwitzt. Auch daheim hat niemand über solche Fragen
geredet.
PGR: Ich selbst habe auch schwere Wissenslücken.
In bin zwar in technischen Bereichen daheim, aber was die Wahrheiten meines
christlichen Glaubens betrifft, bin ich fast ein Volksschüler geblieben.
Deshalb lese ich jetzt mehr über Glaubensfragen und erkundige mich bei
Informierten. Ich habe mir auch die Kirchenzeitung bestellt und kaufe mir eine
Bibel.
R: Manchmal denke ich nach,
wie wird es einmal sein? Hat das ganze Leben überhaupt einen Sinn? Seit meine
Frau gestorben ist, bin ich überhaupt depressiv. Vielleicht müsste man einen
Glaubenskurs mitmachen.
PGR: Du könntest wieder anfangen religiös zu leben. Denn
was man nicht praktiziert, das geht verloren.
R: Möglich. Was habt ihr denn
vor im PGR? Was wollt ihr denn machen in den kommenden 5 Jahren, um solche wie
mich zu bekehren?
PGR: Darüber werden wir sicherlich in der nächsten
Sitzung beraten.
R: Ich bin zwar ein schwarzes
Schaf, aber ich könnte mir vorstellen, dass ihr eine Erneuerung des religiösen
Lebens in der Pfarre anstrebt und über den Glauben informiert, dass auch solche
wie ich wieder wissen, wieso sie christlich leben sollen.
PGR: Sicher, das wäre das Wichtigste. Nur müssen wir dann
selber entschieden gläubig leben lernen. Dass dies gelingt, ist meine Hoffnung.
Darum bemühe ich mich in den kommenden Jahren.
R: Manchmal denke ich, man
müsste neu beginnen können.
PGR: Du wirst lachen, aber ich war vor kurzem nach vielen
Jahrzehnten in Mariazell beichten.
R: Ich weiß ja gar nicht
mehr, wie das geht.
PGR: Ich habe dem Priester dort gesagt, dass ich schon
Jahrzehnte nicht beichten war und er möge mich fragen. Das hat er getan. Nach
der Lossprechung fühlte ich mich wie von
einem harten Panzer befreit.
R: Vielleicht sollte ich das
auch wagen. - Ich habe mich gefreut, dass wir etwas Vernünftiges miteinander reden
konnten. Ich wünsche dir alles Gute.
PGR: Dir auch, und vielleicht bist du bei der nächsten
Pfarrgemeinderatswahl dann auch schon ein Kandidat.
R: O je! Servus, grüß mir
deine Frau.
AM