Samstag, 2. September 2017



Nach der Pfarrgemeinderatswahl

Ein Wort an die Mitarbeiter in der Pfarre (als Diskussionsgrundlage)

April 2017

Zuerst muss man allen, die zur Mitarbeit in einer Pfarrgemeinde bereit sind, Dank und Anerkennung aussprechen. Sie stellen ihren Mitmenschen Zeit und Energie zur Verfügung, ohne davon materielle Vorteile zu haben. Sie tun das letztlich aus ihrem Glauben heraus.

Doch der Glaube ist nie endgültig gefestigt, erfährt Krisen und wird von Unsicherheiten begleitet. Die religiöse Weiterbildung ist häufig mangelhaft und es fehlen solide Kenntnisse. Auf manche Fragen findet man keine Antworten.

Daher halten es sicher Mitarbeiter in der Pfarre, Männer und Frauen sowie Jugendliche, für nötig, sich in Glaubensfragen weiterzubilden. Dies kann und soll auch im Laufe einer Amtsperiode des Pfarrgemeinderates geschehen.

Dazu wäre zuerst die Überzeugung erforderlich, dass die Mitarbeiter einen Auftrag übernommen haben, der von Gott stammt. Sie sind gleichsam Apostel Jesu Christi. Manche werden im Laufe der Jahre müde oder sind frustriert, weil ihnen die solide religiöse Grundlage gefehlt hat oder die Bedeutung ihrer Berufung nicht einsichtig wurde.

Wie denkt, lebt und wirkt ein Apostel Jesu oder ein für den Glauben seiner Mitchristen in einer Pfarre Verantwortlicher? Als Antwort auf diese Fragen könnte man den Mitarbeitern zur Entwicklung ihres religiösen Lebens Folgendes vorschlagen:

  • Stehen zu seiner christlichen Überzeugung im Familien- und Bekanntenkreis. Angsthasen taugen nicht für eine gedeihliche Mitarbeit in einer Pfarre.
  • Notwendig ist der Kontakt zu Jesus besonders in zweifacher Hinsicht:
  • durch das tägliche persönliche Gebet,
  • durch die regelmäßige Mitfeier der heiligen Messe und den Empfang der Sakramente.
  • Um der Mitarbeit ein tragfähiges Fundament zu geben, wären das Lesen aus der Bibel, besonders der Bergpredigt, und das Gespräch darüber lebenswichtig.
  • Notwendig ist auch die Bereitschaft, Weiterbildungsangebote in Glaubensfragen wahrzunehmen: Glaubenskurse, Besinnungstage oder das Lesen einschlägiger Schriften.
  • Das religiöse Gespräch bei den Zusammenkünften sollte nie fehlen.
  • Dann ist eine wache Beobachtung des kirchlichen Geschehens in der eigenen oder auch in anderen Pfarren erforderlich. Da gibt es gute Anregungen für die eigene Pfarre
  • Für ein Miteinander bei der Pfarrarbeit sind ein gegenseitiges Vertrauen, der Mut, seine Meinung offen zu sagen und die Bereitschaft zuzuhören und über alles zu sprechen, erforderlich.
  • Wichtig ist, dass man sich gegenseitig achtet, wobei jede Überheblichkeit zu vermeiden ist.
  • Gelegentliche gemeinsame entspannte Feste und Feiern, wozu auch die Ehepartner eingeladen werden sollten, wären für ein gutes Klima förderlich.

Es wird nicht jedes Mitglied des Pfarrgemeinderates trotz Bemühens sogleich ein Theologe oder Heiliger. Aber im Laufe der Jahre werden sich der Glaube und das religiöse Leben allmählich immer mehr festigen und vertiefen. Und das ist gut so und bringt Freude.
Die Mitarbeit und auch das Streben nach Vertiefung des Glaubens sollen und können dem Leben einen tiefen Sinn geben.
Dies wünscht den Mitgliedern des Pfarrgemeinderates und allen Mitarbeitern mit herzlichen Grüßen
Altpfarrer A. Merli

Fiktives Gespräch eines „Randchristen“ (R) mit einem Mitglied des Pfarrgemeinderates  (PGR) in einer unbekannten Pfarre

Juni 2017

R: Guten Morgen
PGR: Grüß dich. Wie geht’s immer?
R: Danke, gut. Und wie geht es dir?
PGR: Jetzt wieder ganz gut. Ich war sehr verkühlt.
R: Kein Wunder bei diesem Wetter. Ich habe gehört, du bist in den PGR gewählt worden. Ich gratuliere.
PGR: Danke. Ja, man hat mich überredet, dann habe ich halt ja gesagt.
R: Mich hat es ein wenig gewundert. Du bist ja eigentlich gar kein großes  „Kirchenlicht“.
PGR: Das war und bin ich beileibe nicht. Aber der Herr Pfarrer hat gesagt, er wäre froh, wenn ich mitarbeiten würde. Dazu müsse man kein Heiliger sein.
R: Da werden wir dich in Hinkunft am Sonntag nicht mehr beim Frühschoppen sehen, denn du bist ja sicher in der Kirche.
PGR: Ich habe mir das überlegt. Soll ich ein halber oder ein ganzer Christ sein. Zum katholischen Christen gehört die Sonntagsmesse wie das Amen zum Gebet. Aber deshalb werde ich halt dann später zum Frühschoppen kommen oder ich besuche die Messe schon am Samstag Abend.
R: Du wirst jetzt also ein vorzüglicher frommer Katholik.
PGR: Eigentlich ändert die Mitgliedschaft im Pfarrgemeinderat nichts Wesentliches. Es sollte ja jeder katholische Christ an Sonn- und Feiertagen die Eucharistie ohne Ausnahme mitfeiern. Das ist ja nichts Besonderes, das gehört einfach zum Gläubigsein dazu. Früher habe ich das nicht so genau überlegt.
R. Du meinst also, dass der ein schlechter Christ ist, der die Sonntagsmesse nicht oder nur gelegentlich besucht?
PGR: Es gibt keine komplett guten oder schlechten Christen. Alle haben Vorzüge und Schwächen. Im Bereich der Verehrung Gottes bist du ein schlechter Christ. Als hilfsbereiter Nachbar bist du vielleicht ein guter Christ.
R: Das freut mich, dass ich nicht gleich ganz verdammt werde.
PGR: Ich habe es mir durch den Kopf gehen lassen und beschlossen, mich bezüglich der Sonntagsheiligung konsequent zu verhalten und das dritte Gebot „Du sollst den Tag des Herrn heiligen“ in Hinkunft zu achten.
R: Ich kann es mir gar nicht mehr vorstellen, dass ich am Sonntag in die Kirche gehe. Ich denke, da schauen mich alle wie ein Weltwunder an. Bei Begräbnissen ja,  aber sonst hätte ich ein sonderbares Gefühl, wenn ich da oben auftauchte.
PGR: Ich habe auch eine solche Phase gehabt. Als Jugendlicher und auch noch später konnte ich mir das auch kaum mehr vorstellen. Dann begann ich bei Festen meiner Kinder oder zu besonderen Anlässen die Messe mitzufeiern, und jetzt habe ich diesbezüglich keine Hemmungen mehr.
R: Im Gasthaus oder beim Heurigen würden meine Kumpane vielleicht sagen: Jetzt wirst du bald ein Heiliger.
PGR: Das ist mir heute egal, was sie sagen. Ich habe mich entschlossen, so gut ich kann nach meinem Glauben zu leben, und das soll auch jeder wissen.
R: Aber auf die Sonntagsmesse kommt es doch gar nicht an. Man muss doch nur ein anständiger Mensch sein.
PGR: Wie schon gesagt, wenn einer nur pünktlich in die Messe geht, aber sonst ein widerlicher Ungustl ist, dann ist das gänzlich verkehrt. Andererseits ist halt auch die Vernachlässigung Gottes kein Ruhmesblatt. Beides gehört zusammen: Gottesdienst und Mitmenschlichkeit.
R: Ich weiß eigentlich gar nicht, wieso die heilige Messe so wichtig ist. Was ich in der Schule gelernt habe, ist schon längst verschwitzt. Auch daheim hat niemand über solche Fragen geredet.
PGR:  Ich selbst habe auch schwere Wissenslücken. In bin zwar in technischen Bereichen daheim, aber was die Wahrheiten meines christlichen Glaubens betrifft, bin ich fast ein Volksschüler geblieben. Deshalb lese ich jetzt mehr über Glaubensfragen und erkundige mich bei Informierten. Ich habe mir auch die Kirchenzeitung bestellt und kaufe mir eine Bibel.
R: Manchmal denke ich nach, wie wird es einmal sein? Hat das ganze Leben überhaupt einen Sinn? Seit meine Frau gestorben ist, bin ich überhaupt depressiv. Vielleicht müsste man einen Glaubenskurs mitmachen.
PGR: Du könntest wieder anfangen religiös zu leben. Denn was man nicht praktiziert, das geht verloren.
R: Möglich. Was habt ihr denn vor im PGR? Was wollt ihr denn machen in den kommenden 5 Jahren, um solche wie mich zu bekehren?
PGR: Darüber werden wir sicherlich in der nächsten Sitzung beraten.
R: Ich bin zwar ein schwarzes Schaf, aber ich könnte mir vorstellen, dass ihr eine Erneuerung des religiösen Lebens in der Pfarre anstrebt und über den Glauben informiert, dass auch solche wie ich wieder wissen, wieso sie christlich leben sollen.
PGR: Sicher, das wäre das Wichtigste. Nur müssen wir dann selber entschieden gläubig leben lernen. Dass dies gelingt, ist meine Hoffnung. Darum bemühe ich mich in den kommenden Jahren.
R: Manchmal denke ich, man müsste neu beginnen können.
PGR: Du wirst lachen, aber ich war vor kurzem nach vielen Jahrzehnten in Mariazell beichten.
R: Ich weiß ja gar nicht mehr, wie das geht.
PGR: Ich habe dem Priester dort gesagt, dass ich schon Jahrzehnte nicht beichten war und er möge mich fragen. Das hat er getan. Nach der Lossprechung  fühlte ich mich wie von einem harten Panzer befreit.
R: Vielleicht sollte ich das auch wagen. - Ich habe mich gefreut, dass wir etwas Vernünftiges miteinander reden konnten. Ich wünsche dir alles Gute.
PGR: Dir auch, und vielleicht bist du bei der nächsten Pfarrgemeinderatswahl dann auch schon ein Kandidat.
R: O je! Servus, grüß mir deine Frau.

AM