Montag, 18. Oktober 2021

 

31. Sonntag im Jahreskreis 

31. 10. 2021

Mk 12, 28b-34

28Ein Schriftgelehrter ging zu ihm hin und fragte ihn: Welches Gebot ist das erste von allen?

29Jesus antwortete: Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr.

30Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft.

31Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden.

32Da sagte der Schriftgelehrte zu ihm: Sehr gut, Meister! Ganz richtig hast du gesagt: Er allein ist der Herr, und es gibt keinen anderen außer ihm,

33und ihn mit ganzem Herzen, ganzem Verstand und ganzer Kraft zu lieben und den Nächsten zu lieben wie sich selbst, ist weit mehr als alle Brandopfer und anderen Opfer.

34Jesus sah, dass er mit Verständnis geantwortet hatte, und sagte zu ihm: Du bist nicht fern vom Reich Gottes. Und keiner wagte mehr, Jesus eine Frage zu stellen.

 Gedanken zum Evangelium

 Der Schriftgelehrte hörte, wie Jesus im vorhergehenden Streitgespräch treffend geantwortet hatte und fragt nun ohne Hinterlist nach dem größten Gebot. Dabei muss man bedenken, dass neben den Geboten Gottes viele Vorschriften existierten, die manche als ebenso wichtig erachteten wie die Gebote Gottes oder sie sogar für das tägliche Leben der Juden besonders in den Vordergrund rückten.

 Die Frage nach dem Wichtigsten in unserem religiösen Leben stellt sich auch heute.

Wird sie wirklich gestellt? Die Menschen fragen nach gesunden Nahrungsmitteln, nach preiswerten Waren, sie erkundigen sich nach Unterhaltungssendungen im Fernsehen, nach den Ereignissen in den Klatschspalten, sie reden von Katastrophenberichten und unterhalten sich lange über das Geschehen im Ort oder in der Umgebung. Die Leserbriefe über politische Vorgänge werden begierig gelesen oder die Ergebnisse der Sportveranstaltungen beklatscht oder kommentiert.

Aber befragen wir auch gelegentlich Gott oder seine Worte in der Bibel? Wie schaut es bei uns aus mit Gebet und Bibellesung? Beschäftigt uns das Problem, was eigentlich vor Gott im Hinblick auf unser Lebensziel das Wichtigste ist?

Wir Christen sind neu aufgerufen, uns an Gott und seinem Wort zu orientieren.

 Bevor im Bibelbuch Deuteronomium, das hier zitiert wird, vom größten Gebot die Rede ist, wird das Glaubensbekenntnis der Juden zum einen und einzigen Gott angeführt, das viele täglich öfters beteten und das häufig an den Häusern oder auf den Gebetsriemen zu lesen war.

 Wenn es um die Liebe zu Gott geht, sollten wir uns zuvor einige Gedanken über Gott machen, um dann besser zu verstehen, was Liebe zu Gott bedeuten kann.

Wir besitzen zu schwache Organe und begrenzte Geisteskräfte, um den unendlichen Gott begreifen zu können. Wir sind nicht fähig, Absolutes zu erfassen, weil unser Denken derzeit gänzlich an Raum und Zeit gebunden ist. Auch Vergleiche führen letztlich in die Irre. Die Beispiele können unsere Lage nur begrenzt beleuchten: Kann ein von Geburt an Blinder die Schönheit eines Raffael-Gemäldes begreifen oder ein Tauber die Klänge der Zauberflöte genießen? Kann man seinem Haushund den pythagoreischen Lehrsatz erklären oder der Hauskatze die Kant’sche Philosophie nahe bringen? Ist ein Analphabet in der Lage, eine Vorlesung an der Universität zu halten? Schon in der geschaffenen Welt gibt es unüberwindliche Hindernisse und fehlende Voraussetzungen des Begreifens und der Einsicht.

 Gott kann sich uns in unserem jetzigen Zustand nicht so, wie er ist, offenbaren.

Er kann sich nur bemerkbar machen in den Dingen, die uns zugänglich sind. Er kann uns nur in menschlichen Dimensionen begegnen. Er hat sich daher im Menschen Jesus von Nazaret geoffenbart. „Wer mich sieht, sieht den Vater.“

Wir haben aber eine übernatürliche Begabung, die uns dazu befähigt, Gott ein wenig, aber zunehmend, zu begreifen: den Glauben. Es ist das offenbar eine von Gottes Geist ausgehende Befähigung, die unsere diesseitigen Dimensionen sprengt.

 Diesen Gott zu lieben mit allen Kräften des Geistes und der Seele, ist daher untrennbar verbunden mit dem Glauben an Jesus Christus. Dieser Glaube bedeutet, alles, was Jesus über Gott sagt, anzunehmen, die Wegweisung dieses Jesus zu beachten, seine Gemeinschaft zu suchen, ihm letztlich nachzufolgen.

 Es geht also nicht um ein gemütsbewegtes Lieben, sondern um eine Ehrfurcht gegen Gott und gegen alles, was von Gott kommt und zu ihm führt. Sich darum immer neu zu bemühen, ist das Um und Auf religiösen  Lebens der Christen. merlioutaet.at)