4. Sonntag im
Jahreskreis
3. 2. 2013
Lk 4, 21-30
In jener Zeit
21begann Jesus in der
Synagoge in Nazaret darzulegen: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben
gehört habt, erfüllt.
22Seine Rede fand bei
allen Beifall; sie staunten darüber, wie begnadet er redete, und sagten: Ist
das nicht der Sohn Josefs?
23Da entgegnete er ihnen:
Sicher werdet ihr mir das Sprichwort vorhalten: Arzt, heile dich selbst! Wenn
du in Kafarnaum so große Dinge getan hast, wie wir gehört haben, dann tu sie
auch hier in deiner Heimat!
24Und er setzte hinzu:
Amen, das sage ich euch: Kein Prophet wird in seiner Heimat anerkannt.
25Wahrhaftig, das sage
ich euch: In Israel gab es viele Witwen in den Tagen des Elija, als der Himmel
für drei Jahre und sechs Monate verschlossen war und eine große Hungersnot über
das ganze Land kam.
26Aber zu keiner von
ihnen wurde Elija gesandt, nur zu einer Witwe in Sarepta bei Sidon.
27Und viele Aussätzige
gab es in Israel zur Zeit des Propheten Elischa. Aber keiner von ihnen wurde
geheilt, nur der Syrer Naaman.
28Als die Leute in der Synagoge
das hörten, gerieten sie alle in Wut.
29Sie sprangen auf und
trieben Jesus zur Stadt hinaus; sie brachten ihn an den Abhang des Berges, auf
dem ihre Stadt erbaut war, und wollten ihn hinabstürzen.
30Er aber schritt mitten
durch die Menge hindurch und ging weg.
Gedanken zum
Evangelium
Heute hören wir
die Fortsetzung des Evangeliums vom letzten Sonntag. Jesus liest aus der
Bibelrolle und spricht dazu. Dass ein Gast in der Synagoge beim Gottesdienst
eingeladen wurde, Worte aus der Heiligen Schrift zu lesen und dazu zu sprechen,
war gängige Praxis. Es wäre interessant, einfachen Gläubigen in unseren
christlichen Gottesdiensten diese Aufgabe zu übertragen.
Jesu
Verkündigung stützt sich auf das Wort Gottes in der Heiligen Schrift.
Jesus steht in
der jüdischen Tradition, wenn er das anbrechende Reich Gottes verkündet. Sein
Auftrag und seine Vollmacht sind durch das Wort Gottes legitimiert und stammen
von Gott selbst.
Auch unser
Glaube nährt sich aus der Bibel. Diese zu lesen, zu studieren und zur Lebensgrundlage
zu machen, ist nicht nur Aufgabe der Prediger, sondern aller Christen, die in
der Nachfolge Jesu stehen wollen. Das gemeinsame Lesen und Hinhören auf die
Worte der Heiligen Schrift festigen den eigenen Glauben und auch den der
anderen. Nichts führt die Menschen mehr zu Jesus und zueinander als die
gemeinsame Beschäftigung mit der Heiligen Schrift.
Jesus ist der
Heilbringer für alle Menschen.
Besonders bringt
er das Heil den Kranken und gesellschaftlich Benachteiligten, den Armen und
allen Hilfsbedürftigen, die bei den Menschen kein Ansehen genießen und vielfach
vom Betteln leben müssen.
Auch uns
Christen heute ist aufgetragen, den Verlassensten zur Seite zu stehen. Wir sind
zur Hilfe an unseren Mitmenschen aufgerufen und verpflichtet. Eine enge Sicht
der eigenen Religionsgemeinschaft, die nur auf die Glaubensbrüder und
-schwestern achtet, entspricht nicht der Gesinnung Jesu und passt nicht zu
seinen Jüngern. Die Herrschaft Gottes verträgt sich nicht mit Ausgrenzung,
Unterdrückung, Verachtung oder Vernachlässigung der Mitmenschen.
Sie lehnen
schließlich Jesus ab und vertreiben ihn.
Sie glauben,
Jesus zu kennen. Sie haben sich ihre Vorstellung von ihm gemacht. Sie wollen
über ihn verfügen. Jetzt entspricht er aber ihrer feststehenden Meinung und Erwartung
nicht. Sie vertreiben ihn und bleiben in der Finsternis des Unglaubens. Sie
erleben keine befreiende religiöse Weiterentwicklung.
Auch in der
Kirchengeschichte bewegte man sich gelegentlich auf ähnlichen Wegen. Allzu oft
hielt man stur an Althergebrachtem fest, verteidigte Normen und Gepflogenheiten
auch mit Gewalt, hörte nicht hinreichend auf das Wort Gottes und verweigerte
eine religiöse Erneuerung.
Auch im Leben
des einzelnen Christen kennen wir solche Phänomene. Änderungen, neue Wege des
Betens und Feierns, ungewohnte Versuche der Pastoral werden von ängstlichen
selbsternannten Glaubenshütern verdächtigt oder auch verhindert. Dies geschieht
nicht nur durch Fundamentalisten im Judentum oder im Islam, dies kann auch uns
Christen betreffen. Neben der Hochachtung vor guten Traditionen gilt es auch
Neues zu wagen, um das Reich Gottes in uns und in der Welt zu bauen.
Die Verantwortlichen in einer Pfarrgemeinde sollten
überlegen, ob nicht Rechthaberei, Ausgrenzungen, Verdächtigungen und
Besserwisserei den Aufbau des Gottesreiches behindern. Vielleicht brauchen wir
mehr Mut zu Ungewohntem, mehr Geduld mit den Andersdenkenden und in allem mehr
Liebe untereinander. (merli@utanet.at)