Sonntag, 13. Oktober 2013



30. Sonntag im Jahreskreis
27. 10. 2013 
Lk 18, 9-14
In jener Zeit
9erzählte Jesus einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten, dieses Beispiel:
10Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner.
11Der Pharisäer stellte sich hin und sprach leise dieses Gebet: Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort.
12Ich faste zweimal in der Woche und gebe dem Tempel den zehnten Teil meines ganzen Einkommens.
13Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wagte nicht einmal, seine Augen zum Himmel zu erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig!
14Ich sage euch: Dieser kehrte als Gerechter nach Hause zurück, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.
Gedanken zum Evangelium

Es geht wieder um die Gerechtigkeit, um das Richtigsein vor Gott. Anhand des Gleichnisses wird den Zuhörern klar, worauf es bei Gott ankommt. Sie können wieder Maß nehmen am Wort Gottes, um ihre Gesinnungen zu überprüfen.
Der Pharisäer gehörte zu den Gesetzestreuen, die bemüht waren, ihr Leben nach den Normen ihrer Religion auszurichten. Der Zöllner zählte zu den Verachteten, die mit der Besatzungsmacht zusammenarbeiteten und nicht selten auch betrügerisch für die eigene Tasche Steuern eintrieben.

Der Gerechte
Es ist bewundernswert, wie ernst der Pharisäer seine religiösen Vorschriften nimmt. Erwähnt werden sein Fasten und sein nicht unbeträchtlicher Beitrag für den Tempel. Dies wird auch von Jesus im Gleichnis nicht kritisiert. Doch der vorne Betende vergleicht sich von oben herab und zeigt damit seine Verachtung denen gegenüber, die schwach sind und sündigen. Dies führt zu einer Überheblichkeit, die Liebe und Barmherzigkeit verhindert. Der religiöse Hochmut des Pharisäers bewirkt, dass er auf seine eigene Kraft setzt und nicht mehr bedenkt, alle Gaben von Gott geschenkt zu bekommen.
Dies ist für Christen aller Zeiten eine nicht geringe Gefahr. Auch in unseren Pfarren ist man geneigt, sich selbst zu loben, sich mit Schwachen und Sündern zu vergleichen und sie vielleicht unbewusst zu verachten. Wir hören gelegentlich die Worte: „Also, ich mache so etwas nicht.“ Diese Gesinnung widerspricht der Liebe und der Barmherzigkeit, die Christus gelebt hat und fordert. Überheblichkeit geht häufig Hand in Hand mit Verachtung der Mitmenschen, was absolut unchristlich ist.

Der Zöllner
Er zeigt in seiner Haltung und mit seinem Gebet Trauer und Reue über seine Verfehlungen. Auch hier wird nicht die Sündhaftigkeit gelobt, sondern die demütige Reue des Schwachen, des Verachteten, des Sünders. Diese Botschaft des Gleichnisses deckt sich mit vielen anderen Aussagen des Lukasevangeliums von der Freude im Himmel über einen Sünder, der sich bekehrt, oder über den barmherzigen Gott, der sich der Armen, Schwachen, Verachteten und Sünder liebevoll annimmt.
Der Christ, der sich als Sünder fühlt, braucht seine Schwäche nicht zu leugnen oder vom  Tisch zu wischen. Er kann bei Jesus Erneuerung, Heilung und Hoffnung finden. Diese Grundhaltung der Barmherzigkeit gebührt auch seinen Mitchristen. Er soll sie in seiner Familie und Pfarrgemeinde verwirklichen. Versager und Sünder sollen spüren, dass es bei Jesus Hoffnung und bei den Christen Erbarmen und Liebe gibt.

Die Gerechtigkeit vor Gott ist nicht nach menschlichen Maßstäben zu messen. Gott macht Heilige und Sünder gerecht, die sich ihm im Gebet und bei den Gottesdiensten vertrauensvoll zuwenden. Die Wegweisung des Sonntagsevangeliums soll uns die rechte Gesinnung lehren und als von Gott gerecht Gemachte nach Hause gehen lassen. (merli@utanet.at)