Allerheiligen
1. November
Mt 5,
1-12a
1Als
Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf einen Berg. Er setzte sich, und
seine Jünger traten zu ihm.
2Dann
begann er zu reden und lehrte sie.
3Er
sagte: Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich.
4Selig
die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.
5Selig,
die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben.
6Selig,
die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden.
7Selig
die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden.
8Selig,
die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen.
9Selig,
die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden.
10Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört
das Himmelreich.
11Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf
alle mögliche Weise verleumdet werdet.
12Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein.
Gedanken zum Fest
Bei der
Seligsprechung eines Christen wird von der Kirche nach einem genauen
Prüfungsverfahren offiziell festgestellt, dass der Betreffende zu seinen
Lebzeiten einen heroischen Grad der Tugend erreicht hat und daher mit Recht im
Gebet angerufen werden kann. Dies betrifft bei einer Seligsprechung nur ein
bestimmtes Gebiet, bei einer Heiligsprechung die ganze Weltkirche.
Die so
„Kanonisierten“ werden damit als Vorbilder für die Christen hingestellt. Der
Selig- oder Heiligsprechung gehen bezeugte Gebetserhörungen und Wunder voraus.
Das heißt aber
nicht, dass die Betreffenden durch diese Erklärung des Papstes nun in den
Himmel kommen oder dass außer diesen keine sonstigen Personen ihre Vollendung
bei Gott erreicht hätten.
Die Kirche ehrt
zum Fest Allerheiligen alle namentlich bekannten und eine Unzahl von
unbekannten Heiligen. Wie das Leben dieser Heiligen schon auf Erden ausgesehen
hat, zeigt uns ein Blick auf das heutige Evangelium und die Seligpreisungen.
Die Heiligen haben in
verschiedenen Bereichen des christlichen Lebens Großartiges geleistet, alle
aber haben in einmaliger Weise das zweifache Hauptgebot der Liebe verwirklicht:
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben
aus ganzem Herzen...!“
Die Liebe zu Gott kann auf vielfältige Weise
verwirklicht werden. Zuerst zeigt sie sich in der Ehrfurcht und Hochschätzung.
Wer Gott lieben will, der wird alles mitfeiern, was zur Ehre Gottes gereicht.
Im Gottesdienst, bei den Andachten und im Gebet zeigt der Christ seine
Ehrfurcht.
Er wird weiters hinhören auf Gottes
Weisungen, die Gebote Gottes ernst nehmen und bestrebt sein, diese zu befolgen.
Wer Gott liebt, der bekennt sich zu ihm,
auch wenn dies mit Schwierigkeiten verbunden ist.
Er wird Gott nichts vorziehen. Gott steht
bei ihm an der Spitze der Wertepyramide. Die Liebe zu Gott zeigt sich darin,
dass er seine Angebote annimmt und alles, was von Gott kommt und zu Gott führt
für wichtig erachtet.
„Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich
selbst!“
Diese Liebe enthält Achtung vor der Würde
jedes Menschen. Sie bezieht sich grundsätzlich auf alle, besonders auf die
Armen, Schwachen, Kranken und Verlassenen. Der liebende Christ lernt Geduld,
ist bereit zur Versöhnung, trägt Lasten mit und will niemanden unterdrücken und
belasten.
Er begegnet seinen Mitmenschen wahrhaftig,
steht zu ihnen in Treue, ist verlässlich und hilfsbereit. Er nimmt von ihnen
Ängste weg, bietet ihnen Geborgenheit und bereitet Freude.
Diese Andeutungen zeigen, dass er letztlich
in der Nachfolge Jesu dessen Gesinnungen der Liebe nachahmt und in seiner
Umgebung zu verwirklichen sucht. Er orientiert sich an Jesu Leben und an seinen
Worten. Christen sind Jünger und Jüngerinnen Jesu. Diese Gesinnungen finden
sich in den Seligpreisungen der Bergpredigt und können im Blick auf Jesu Leben
und Sterben gelernt werden.
Ergänzend dazu sei
ein Text aus dem Epheserbrief angefügt:
Über eure Lippen komme kein böses Wort, sondern
nur ein gutes, das den, der es braucht, stärkt und dem, der es hört, Nutzen
bringt. Beleidigt nicht den Heiligen Geist Gottes, dessen Siegel ihr tragt für
den Tag der Erlösung. Jede Art von Bitterkeit, Wut, Zorn, Geschrei und
Lästerung und alles Böse verbannt aus eurer Mitte! Seid gütig zueinander, seid
bannherzig, vergebt einander, weil auch Gott euch durch Christus ver-
geben hat. (Eph 4.29-32)
Jeder Christ ist zur Heiligkeit berufen. Er
befindet sich aber immer auf dem Weg. Das stete Bemühen ist gefordert. Es gibt
kein Lebensziel, das von größerer Bedeutung wäre. Die Vollendung bei Gott hat
Vorrang. Darin bestehen die höchste Berufung und der Auftrag Gottes für jeden
Menschen. Die Heiligen, deren Fest wir feiern, mögen uns Vorbilder, Begleiter
und Beschützer sein. (merli@utanet.at)
*
Allerseelen
2. November
Joh 11, 17-27
17Als Jesus ankam, fand er Lazarus schon
vier Tage im Grab liegen.
18Betanien war nahe bei Jerusalem, etwa
fünfzehn Stadien entfernt.
19Viele Juden waren zu Marta und Maria
gekommen, um sie wegen ihres Bruders zu trösten.
20Als Marta hörte, dass Jesus komme, ging
sie ihm entgegen, Maria aber blieb im Haus.
21Marta sagte zu Jesus: Herr, wärst du
hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben.
22Aber auch jetzt weiß ich: Alles, worum
du Gott bittest, wird Gott dir geben.
23Jesus sagte zu ihr: Dein Bruder wird
auferstehen.
24Marta sagte zu ihm: Ich weiß, dass er
auferstehen wird bei der Auferstehung am Letzten Tag.
25Jesus erwiderte ihr: Ich bin die
Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er
stirbt,
26und jeder, der lebt und an mich
glaubt, wird auf ewig nicht sterben. Glaubst du das?
27Marta antwortete ihm: Ja, Herr, ich
glaube, dass du der Messias bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.
Joh 14,
1-6
1Euer
Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott, und glaubt an mich!
2Im
Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich
euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten?
3Wenn
ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder
und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin.
4Und
wohin ich gehe - den Weg dorthin kennt ihr.
5Thomas
sagte zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin die gehst. Wie sollen wir dann den
Weg kennen?
6Jesus
sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum
Vater außer durch mich.
Lk 7, 11-17
Gedanken zum Fest
Am
Allerseelentag beten die Katholiken für ihre Verstorbenen. Dies geschieht bei
den drei „Seelenmessen“, die jeder Priester an diesem Tag feiern darf, aber
auch bei privaten Besuchen in Kirchen und besonders bei den Gräbern. Die Kirche
knüpft an diese Gebete für die Verstorbenen unter bestimmten Voraussetzungen
Ablässe, die den toten Angehörigen zugesprochen werden können.
Diese alte
Praxis wirft für uns heutige Christen Fragen auf: Das Problem des „Fegefeuers“,
Fragen nach dem Sinn des Betens lange nach dem Tod eines Angehörigen und nach
der Bedeutung der Ablässe. Versuchen wir kurze Antworten.
Fegefeuer
Die alte
Vorstellung vom Ort der Qual zur Reinigung von lässlichen Sünden und
Sündenstrafen ist für heutige Christen oft nicht mehr nachvollziehbar. Es gibt
einige Theorien, die das Problem zwar nicht vollständig lösen, aber doch ein
neues Denken darüber ermöglichen.
Eine dieser
Theorien sagt: Der sterbende Mensch erlebt in seinem Tod schon sein Fegefeuer und
sein Gericht. Er sieht sich - mit all seinen Schwächen und Sünden konfrontiert
- vor Gott, wie er wirklich war und ist. Jetzt kann nichts mehr geleugnet,
vertuscht oder ignoriert werden. Diese Begegnung mit dem liebenden Gott ist
umso schmerzvoller, je mehr Sünden und Sündenfolgen des Menschen Seele belasten
und je weniger er sich aus eigener Schuld um diese Liebe Gottes in seinem Leben
gekümmert hat. Der Schmerz dieser Erkenntnis über sich ist wie ein mühsames
Durchringen zu Gott in Scham und Reue. Dies geschieht im Augenblick des
Sterbens, wo die Zeitlichkeit in die Zeitlosigkeit einmündet. Daher spielen
Zeiten und Dauer keine Rolle. Es geht um die Intensität von Schmerz, der je
nach der geringeren oder größeren Schuldbelastung weniger oder mehr bedrückt.
Darin bestehe das „Fegefeuer“; so eine Theorie.
Gebet für die
Verstorbenen
Damit scheint
das Gebet für die längst Toten keinen Sinn mehr zu haben. Es ist ja schon alles
entschieden. Doch auch für diese Schwierigkeit wird eine Lösung angeboten: Die
kirchliche Lehre vom Sinn des Gebetes für die Verstorbenen kann mit der
Wahrheit, dass jedes Gebet Erhörung findet, kombiniert werden.
Für Gott ist es
irrelevant, wann für jemanden in Liebe gebetet wird. Das Vorher oder Nachher
hat für ihn keine Bedeutung. Im Blick Gottes stehen alle Gebete und
Gottesdienste in einer zeitlosen Gegenwart. Daher gehören jedes Gebet und die
Heilungskraft jeder Messe dem Sterbenden schon in seiner Todesstunde, ganz
gleich, ob sie vor oder nach seinem Tod dargebracht werden. Sie begleiten seine
letzte Hinwendung zu Gott und erleichtern so dieses Hinübergehen in die ewige
Vollendung.
Ablass
Anfänglich
wurden Sünder aus der Gemeinschaft der Eucharistie ausgeschlossen und galten
für eine bestimmte Zeit als Büßer. Je nach der Schwere ihres Vergehens wurden
sie dann nach kürzerer oder längerer Zeit wieder aufgenommen.
Diese
feststehenden Bußzeiten wurden später durch Gebete, Spenden, Wallfahrten und
Ähnliches ersetzt. Die Kirche gewährte bei Erfüllung eines guten Werkes so
viele Tage Nachlass an Bußzeit, wie dies in alter Zeit gefordert war.
Man büßte, um
Sündenschäden abzutragen, die früher Sündenstrafen genannt wurden und als Folge
von begangenen Sünden nach deren Vergebung weiterhin bedrückten. Jede Sünde
schädigt auch das Vertrauen zwischen Menschen, hinterlässt Ängste, Hassgefühle,
Misstrauen und sonstige psychische Belastungen. Diese sollten abgebüßt, das
heißt, durch entgegengesetzte gute Taten geheilt werden.
Allerdings kam
es zu Missständen, sodass man meinte, man könne sich von Sünden freikaufen.
Durch den Ablass werden keine Sünden vergeben, sondern die Sündenschäden oder
Sündenfolgen der schon vergebenen Sünden durch das fürbittende Gebet der Kirche
geheilt. Voraussetzung für dieses Heilsangebot der Kirche ist neben der
Erfüllung einer religiösen Forderung die Bekehrung und bei schweren Sünden die
Beichte.
Von einem
vollkommenen Ablass spricht man, wenn er alle Sündenschäden heilen soll, von
einem unvollkommenen, wenn man nur von einem Teil befreit wird. Für die Praxis
bedeutet das wohl, dass wir der Verstorbenen jährlich wenigstens einmal bei der
heiligen Messe gedenken, zu heiligen Zeiten, an Gedenktagen und bei den Gräbern
für sie beten sollen. Dies sind Zeichen christlicher Kultur und ein Beweis
dankbarer Liebe.
Wenn es im
Bereich des Ewigen auch keine letzten Einsichten gibt, können uns diese hier
nur lückenhaft vorgebrachten Gedanken vielleicht helfen, einiges zu klären und
zu verstehen, anderes einfach im Vertrauen auf die kirchliche Lehre zu bejahen
und mit unseren Verstorbenen auf diese Weise gläubig verbunden zu sein. (merli@utanet.at)
*
31. Sonntag
im Jahreskreis
3. 11. 2013
Lk 19,
1-10
In jener Zeit
1kam
Jesus nach Jericho und ging durch die Stadt.
2Dort
wohnte ein Mann namens Zachäus; er war der oberste Zollpächter und war sehr
reich.
3Er
wollte gern sehen, wer dieser Jesus sei, doch die Menschenmenge versperrte ihm
die Sicht; denn er war klein.
4Darum
lief er voraus und stieg auf einen Maulbeerfeigenbaum, um Jesus zu sehen, der
dort vorbeikommen musste.
5Als
Jesus an die Stelle kam, schaute er hinauf und sagte zu ihm: Zachäus, komm
schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein.
6Da
stieg er schnell herunter und nahm Jesus freudig bei sich auf.
7Als
die Leute das sahen, empörten sie sich und sagten: Er ist bei einem Sünder
eingekehrt.
8Zachäus
aber wandte sich an den Herrn und sagte: Herr, die Hälfte meines Vermögens will
ich den Armen geben, und wenn ich von jemand zu viel gefordert habe, gebe ich
ihm das Vierfache zurück.
9Da
sagte Jesus zu ihm: Heute ist diesem Haus das Heil geschenkt worden, weil auch
dieser Mann ein Sohn Abrahams ist.
10Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was
verloren ist.
Gedanken zum
Evangelium
Eine Erbschaft, ein
Lottogewinn, eine bedeutende Vorrückung im Berufsleben könnten das Leben von
Grund auf verändern. Viele würden diese Glücksfälle als Chance ihres Lebens
betrachten. Im heutigen Evangelium bekommt ein reicher Mann, der eine
Berufskarriere gemacht hat, zu einer ganz anderen Chance. Er kann sein inneres
Leben völlig neu gestalten.
Die Sehnsucht
Der oberste
Zollpächter hat großen Reichtum angehäuft. Aber er sehnt sich offenbar nach
tieferen Werten, die er bei dem Rabbi aus Nazaret zu finden hofft. Sein Wunsch,
diesen kennen zu lernen, lässt ihn die vornehmen Konventionen vergessen. Er
sitzt auf dem Maulbeerbaum und will Jesus sehen.
Viele tragen in der
gängigen Oberflächlichkeit des gesellschaftlichen Getriebes eine geheime
Sehnsucht nach Tiefe in sich, nach religiösem Reichtum, nach einem wertvollen
Leben. Vielleicht sollten wir alle mehr Mut zu Ungewohntem haben, manchmal
ausbrechen aus dem vornehmen Trott und uns auf unübliche Wege begeben, auch
wenn man über uns dann die Nase rümpft oder den Kopf schüttelt. Der Weg zu
Christus und zu einem neuen Leben kann nur beschritten werden, wenn man alte
Wege verlässt und auch die Kritik der Gesellschaft aushält.
Jesus ruft
Jeder bekommt bei
Gott eine Chance, seinem Leben einen neuen Sinn zu geben. Niemand ist aus der
Zuwendung Jesu ausgeschlossen. Keiner muss endgültig in Gottferne verharren,
sich unabänderlich in Lebensgier und Lieblosigkeit verstrickt und verloren
wähnen. Jesus ruft alle zu einem gläubigen Leben in Freiheit und Würde. Das
„Steig schnell herunter vom Baum!“ gilt für jeden. Nur muss man hören können.
Der neue Mensch
Wer sich mit Jesus
einlässt, seinen Ruf vernimmt, seinen Auftrag hört, der wird verwandelt. Was
vor der Begegnung mit Jesus unmöglich schien, wird jetzt möglich. Der Glaube
rettet aus aller Aussichtslosigkeit. Daher wird der Christ alles tun, um diesen
Glauben zu festigen, die Lebensgemeinschaft mit Jesus zu pflegen und auf seinen
Anruf zu hören. Ein solches Leben gewinnt an Kraft und Freude.
Caritas
Wenn Jesus im Leben
eines Menschen, einer Familie Heimatrecht hat, dann bewirkt sein Beispiel und
sein Wort Hinwendung zu den Armen und Benachteiligten. Der Pädagoge Fröbel
schrieb: „Erziehung sei Beispiel und Liebe, sonst nichts.“ Dieses Beispiel und
diese Liebe Jesu zu erleben und bei sich gläubig aufzunehmen, befähigt zur
Nachfolge, besonders in der Liebe.
Kritik
Die „Gerechten“
bekritteln die Hinwendung Jesu zu den Sündern. Die heutigen selbstgefälligen
Christen sollten die Worte Jesu vor Augen haben: „Denn der Menschensohn ist
gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.“
Wir bekommen
immer eine neue Chance für eine Lebenswende. Wir
werden von Jesus gerufen, neue Wege zu wagen, Gewohntes aufzugeben, uns weiter
zu entwickeln und so ein besseres und sinnvolleres Leben zu führen. (merli@utanet.at)