6. Sonntag der Osterzeit
25. 5. 2014
Jo 14, 15-21
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
15Wenn ihr
mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten.
16Und ich
werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für
immer bei euch bleiben soll.
17Es ist
der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht
sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch
sein wird.
18Ich werde
euch nicht als Waisen zurücklassen, sondern ich komme wieder zu euch.
19Nur noch
kurze Zeit, und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich, weil ich
lebe und weil auch ihr leben werdet.
20An jenem
Tag werdet ihr erkennen: Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir und ich bin
in euch.
21Wer meine
Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer mich aber liebt, wird
von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm
offenbaren.
Gedanken zum Evangelium
Das kostbarste
Gefühl, zu dem Menschen fähig sind, ist die Liebe. Unter Liebe kann man
Verschiedenes verstehen. Der eine sagt: Ich liebe meinen Hund. Ein anderer
meint: Ich liebe den Frühling. Ein dritter äußert: Ich liebe den Wein.
Eine ganz andere
Bedeutung hat das Wort Liebe, wenn es um Menschen geht: Ich liebe meinen Mann,
meine Kinder, meine Braut, meinen Freund usw. Doch auch bei der Liebe zu einem
Menschen gibt es verschiedene Stufen. Man kann selbstlos oder selbstsüchtig
lieben. Man kann sich Liebe einbilden oder sie vortäuschen. Die Liebe ist
vielleicht tragfähig und belastbar oder nur eine Strohfeuerliebe. Liebe
bedeutet manchmal Entscheidung für den geliebten Menschen oder sie besteht nur
aus einer momentanen Begeisterung, die rasch verfliegt. Die Liebe kann
selbstlos oder egoistisch sein. So viel wie heute wurde noch nie über Liebe
geschrieben, und doch haben manche keine Ahnung davon, was Liebe wirklich sein
kann. Sie kennen nur die blasse, eingeschränkte, unvollkommene, oberflächliche
Liebe.
Christen sind immer aufgerufen, ihre Liebesbeziehungen
zu vertiefen, zu festigen und zu verbessern. Wie im ganzen Leben sollen sie
sich dabei an Jesus orientieren. Sein Leben zeigt ihnen, wie wahre Liebe
ausschauen kann und soll. An Jesus gilt es jede Woche Maß zu nehmen.
Im heutigen
Evangelium spricht Jesus von der Liebe zwischen ihm und seinen Jüngern. Diese
Liebe ist nicht in erster Linie gemütsbetont. Sie hat folgende wesentliche
Eigenschaften und Ergebnisse:
„Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten.“
Die Liebe zu
Gott, zu Jesus wird verwirklicht, wenn wir die Gebote halten. Über die Zehn
Gebote hinaus sind es die Wegweisungen Jesu, die wir besonders in der
Bergpredigt vernehmen. Nicht das Gefühl steht dabei im Vordergrund, sondern die
Bereitschaft, Gottes Willen zu erfüllen.
„Es ist der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht
empfangen kann.“
Wer Jesus ernst
nimmt, der empfängt den Geist Gottes, die höchste Gabe für Menschen. Er wird an
den Lebensstrom des Dreifaltigen Gottes angeschlossen. Gottes Geist wird in
seinem Geist immer mehr wirksam, so dass er erkennen kann, worauf es in seinem
Leben ankommt. Er wird fähig, die Geschehnisse in der Welt und in seinem Leben
richtig zu deuten. Er begreift zunehmend die Wahrheit, die von Gott her gilt.
Er kann daher auch anderen gute Ratschläge geben. Er lässt sich nicht von
Zeitströmungen betören und durchschaut die leichtgewichtigen falschen Propheten.
„Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen.“
Diese
freundschaftliche, treue Liebe zu Gott bewirkt Geborgenheit. Der in Liebe mit
Jesus Verbundene gehört zu denen, um die er sich sorgend kümmert, die bei ihm
ein Zuhause haben werden, ja sich jetzt schon unter seinem liebenden Schutz
befinden. „...wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden, und
auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.“
Wer dies bedenkt, wird alles daransetzen, die liebende
Gemeinschaft mit Jesus stets zu erneuern, zu festigen und zu vertiefen. In
dieser Liebe wird der Christ auch fähig, seine Mitmenschen tragfähig und
beglückend zu lieben: Eltern, Ehepartner, Kinder, Freunde, Hilfsbedürftige und
Einsame. (merli@utanet.at)