29. Sonntag im Jahreskreis
19. 10. 2014
Mt 22, 15-21
In jener Zeit
15kamen die
Pharisäer zusammen und beschlossen, Jesus mit einer Frage eine Falle zu
stellen.
16Sie
veranlassten ihre Jünger, zusammen mit den Anhängern des Herodes zu ihm zu
gehen und zu sagen: Meister, wir wissen, dass du immer die Wahrheit sagst und
wirklich den Weg Gottes lehrst, ohne auf jemanden Rücksicht zu nehmen; denn du
siehst nicht auf die Person.
17Sag uns
also: Ist es nach deiner Meinung erlaubt, dem Kaiser Steuern zu zahlen, oder
nicht?
18Jesus aber
erkannte ihre böse Absicht und sagte: Ihr Heuchler, warum stellt ihr mir eine
Falle?
19Zeigt mir
die Münze, mit der ihr eure Steuern bezahlt! Da hielten sie ihm einen Denar
hin.
20Er fragte
sie: Wessen Bild und Aufschrift ist das?
21Sie
antworteten: Des Kaisers. Darauf sagte er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was dem
Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!
Gedanken zum Evangelium
Wenn es um die Steuern geht oder gar um ihre Erhöhung, hüten sich die
zuständigen Politiker, klare Worte zu gebrauchen. Es wird von „notwendiger
Anpassung“, „Gebührenangleichung“, „Mautgebühren“ oder „Gegenfinanzierung“
gesprochen. Dabei werden Pensionssicherung, Krankenkosten, Erhaltung und Ausbau
von Straßen oder der Bahn und Ähnliches ins Spiel gebracht. Man will
schließlich durch klare Aussagen über beabsichtigte direkte oder indirekte Steuern
oder deren Erhöhung nicht die Wähler vergrämen und den politischen Gegnern
Munition für Angriffe liefern. Man will sich ja nicht unbeliebt machen.
Die Gegner Jesu legten ihm eine Fangschlinge, sie stellten eine Falle. Sie
wollten ihn zu einer klaren Aussage zwingen. Sagt er, die Steuern seien dem
Kaiser in Rom zu zahlen, stellt er sich gegen die Interessen des unterdrückten
Volkes, und seine Popularität wäre dahin. Sagt er aber, man möge keine Steuern
zahlen, kann man ihn bei den Besatzern anschwärzen und damit „aus dem Verkehr“
ziehen lassen.
Jesus lässt sich eine Münze zeigen, auf der die religiösen und politischen
Zeichen des Kaisers eingeprägt waren. Die damit bezahlten und handelten,
anerkannten offenbar des Kaisers Autorität, was eine Abweichung des Juden von
seinem Glauben und von seinem Unabhängigkeitsstreben mit einschloss. Jesus
weist mit seiner Gegenfrage auf die Inkonsequenz seiner Gegner hin und schließt
den eindeutigen Aufruf an, Gott zu geben, was ihm gehört.
Was aber gehört Gott, und was
gehört ihm nicht? Diese Frage stellt sich auch uns an diesem Sonntag.
Gehört ihm nur der Sonntag und die anderen Tage nicht? Steht es dem
Menschen frei, über seinen materiellen Besitz nach Belieben zu verfügen? Darf
er seine geistigen Begabungen ohne Verantwortung vor Gott gebrauchen? Ist er
der absolute Herr über seinen Körper? Gehört nicht alles, was des Menschen ist,
ja er selbst letztlich Gott?
„Herr, ich bin dein
Eigentum, dein ist ja mein Leben“,
heißt es in unserem Lied, das wir beim Gottesdienst singen. Wir sollten die
Konsequenzen aus dieser Wahrheit unseres Glaubens genauer überprüfen. Es würde
offenbar werden, dass die lautstark propagierte uneingeschränkte
„Selbstverwirklichung“ im privaten und öffentlichen Leben eine Verirrung weg
vom gläubigen christlichen Denken bedeutet.
Der Jugend- und Gesundheitskult, der an Stelle der religiösen Praxis
getreten ist, sollte hinterfragt werden. Die Umweltbewegung könnte durch die
Ehrfurcht vor dem Schöpfer belebt und fundiert werden. Die Kinder sind in gläubiger
Sicht nicht „machbar“, wenn es einem halt taugt, und die Mittel ihrer
Verhinderung oder Beseitigung sind nicht in des Menschen freie Willkür ohne
Verantwortung vor dem Herrn des Lebens gelegt. Selbst die Berufswahl und die
Entscheidung, eine Familie zu gründen, sind aus der Sicht, dass Gott, dem
Herrn, zu geben ist, was ihm gehört, zu überdenken, nicht als zwanghafte
Bedrohung, sondern als Wegweisung. Absoluter Freiheitsanspruch führt den
Menschen und die Gesellschaft unweigerlich in den Abgrund.
Zu diesen und noch anderen
Überlegungen könnte uns das heutige Evangelium anregen. Die Frage, ob Gott
wirklich der Herr unsres Lebens und der Welt ist, erfordert Besinnung und
verlangt Entscheidungen. (merli@utanet.at)