1.
Adventsonntag (Lesejahr B)
30. 11. 2014
Mk 13, 24-37
Jesus sprach zu seinen Jüngern:
24In jenen Tagen, nach der großen Not, wird sich die Sonne verfinstern, und
der Mond wird nicht mehr scheinen;
25die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte des Himmels werden
erschüttert werden.
26Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf den
Wolken kommen sehen.
27Und er wird die Engel aussenden und die von ihm Auserwählten aus allen
vier Windrichtungen zusammenführen, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels.
28Lernt etwas aus dem Vergleich mit dem Feigenbaum! Sobald seine Zweige
saftig werden und Blätter treiben, wisst ihr, dass der Sommer nahe ist.
29Genauso sollt ihr erkennen, wenn ihr all das geschehen seht, dass das
Ende vor der Tür steht.
30Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles
eintrifft.
31Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.
32Doch jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im
Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater.
33Seht euch also vor, und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit
da ist.
34Es ist wie mit einem Mann, der sein Haus verließ, um auf Reisen zu gehen:
Er übertrug alle Verantwortung seinen Dienern, jedem eine bestimmte Aufgabe;
dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein.
35Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am
Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen.
36Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen.
37Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!
Gedanken zum Evangelium
Wir leben auf einem gefährdeten
Planeten, der um seine Sonne kreist. Die Menschen fühlten sich zu allen Zeiten
von Naturkatastrophen, Seuchen oder auch durch Gefahren aus dem All bedroht.
Heute kommt dazu die Sorge wegen der Vergiftung der Natur durch den Menschen
selbst oder die Angst vor den zerstörerischen Waffen. Terror überzieht Staaten
und ängstigt die Menschen immer mehr. Diese Ängste haben eine Beziehung zur
allgemeinen Sorge wegen unserer Sterblichkeit.
Die Endzeitrede Jesu weckt
Hoffnung.
Wenn alles im Chaos zu versinken
droht, gibt es das Licht, das im Kommen des Menschensohnes aufstrahlen wird. Er
wird kommen, die Seinen zu sammeln. Wenn alles verloren ist, kommt Rettung
durch Gott. Dies ist eine Hoffnung im Hinblick auf drohende Katastrophen aller
Zeiten und auch auf das Ende unserer Erde. Diese Hoffnung bleibt auch
angesichts unseres persönlichen Endes im Tod bestehen. Gott verlässt uns nicht,
lässt uns nicht zugrunde gehen, er ist durch Jesus Christus mit uns in eine
Schicksalsgemeinschaft eingetreten.
Über dem Evangelium steht die
Aufforderung: Seid wachsam!
Am Anfang des neuen Kirchenjahres
und zu Beginn der Adventzeit ist es für Christen angebracht, sich vorzusehen
und wachen Geistes Lebensfragen zu bedenken. Wir werden vom täglichen
Lebenskampf um Mehrung und Sicherung unserer Güter oder auf der Jagd nach
Vergnügungen gelegentlich unempfindlich für tiefere Gedanken. Wir verlernen das
Suchen nach Antworten auf die Fragen nach dem Sinn unserer Existenz und werden
vom lauten Getöse modernen Lebens betäubt, oder wir dösen einfach religiös im
alten Trott dahin.
Der Advent gibt uns Gelegenheit, dies zu ändern und aufzuwachen. Wir
sind aufgerufen, uns Zeit zur Besinnung zu nehmen, Fragen nach Gott und nach
unserer Zukunft mit ihm zu stellen und Antworten zu suchen und auch darüber
miteinander zu reden.
Wir könnten fragen:
Woher komme ich? Wohin gehe ich?
Was ist der Sinn meines Lebens (wie der verstorbene Kardinal König es formuliert
hat)? Weiters wären folgende Erwägungen anzustellen: Wie werde ich enden?
Welche gute Antwort gibt mir die Bibel oder meine Kirche? Wie soll ich leben?
Was ist von Bedeutung? Worauf könnte ich verzichten? Was fördert und bereichert
mein Leben oder das Leben der mir anvertrauten Menschen? Wo kann ich bessere
Wege einschlagen? Wem sollte ich vergeben, mit wem sollte ich mich versöhnen?
Wie kann ich meine Familie und andere Menschen
glücklicher machen? Sollte ich meine Beziehung zu Gott, mein religiöses Leben
nicht erneuern und auf eine feste Grundlage stellen? Was kann ich abbauen an
Hektik, Unordnung, Leichtsinn, Rücksichtslosigkeit, Rechthaberei, Hochmut,
Bequemlichkeit, Oberflächlichkeit, Falschheit? Wie kann ich ein neuer Mensch
werden, der in seinen Beziehungen und bei der Erfüllung seiner Aufgaben
verantwortungsbewusst lebt? Wo kann ich Leid vermindern und Trost spenden?
Die dramatischen Worte Jesu vom
Untergang und seine Aufforderung zur Wachsamkeit enthalten einen wichtigen
Auftrag für den Advent, diese Zeit zu nützen und sinnvoll zu begehen. Sonst
bleiben nur Folklore, triefende Rührseligkeit, billiges Glitzern und
inhaltsloses Feiern, das keine wirkliche Freude gibt.
Wir Christen sollten einen
tiefen, hellen und frohen Advent begehen, einen Advent der Erneuerung unseres
Lebens und unserer Beziehungen zu Gott und zu unseren Mitmenschen. Der
Adventkranz ist Symbol für Freude und Zukunft mit Jesus Christus, der uns in
diesen heiligen Wochen neu begegnen will. (merli@utanet.at)