Sonntag, 4. Januar 2015



2. Sonntag im Jahreskreis 

 18. 1. 2015

Joh 1, 35-42
In jener Zeit
35stand Johannes am Jordan, wo er taufte, und zwei seiner Jünger standen bei ihm.
36Als Jesus vorüberging, richtete Johannes seinen Blick auf ihn und sagte: Seht, das Lamm Gottes!
37Die beiden Jünger hörten, was er sagte, und folgten Jesus.
38Jesus aber wandte sich um, und als er sah, dass sie ihm folgten, fragte er sie: Was wollt ihr? Sie sagten zu ihm: Rabbi - das heißt übersetzt: Meister -, wo wohnst du?
39Er antwortete: Kommt und seht! Da gingen sie mit und sahen, wo er wohnte, und blieben jenen Tag bei ihm; es war um die zehnte Stunde.
40Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer der beiden, die das Wort des Johannes gehört hatten und Jesus gefolgt waren.
41Dieser traf zuerst seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: Wir haben den Messias gefunden. Messias heißt übersetzt: der Gesalbte - Christus.
42Er führte ihn zu Jesus. Jesus blickte ihn an und sagte: Du bist Simon, der Sohn des Johannes, du sollst Kephas heißen. Kephas bedeutet: Fels - Petrus.

Gedanken zum Evangelium

Man kann auf verschiedene Weise Christ sein.
Man gab den Christen verschiedener Eigenarten und Abstufungen mehr oder weniger treffende, wenn auch wenig schmeichelhafte Namen:
Da ist die Rede von Taufscheinchristen, bei denen nicht das Leben, sondern bloß der Taufschein ihren Glauben beweist. Andere werden Feiertagschristen genannt, die nur zu besonderen Festtagen wie Weihnachten, Ostern oder bei Familienfesten beim Gottesdienst zu sehen sind. Dazu werden auch die Begräbnischristen gezählt, die den Zeremonien nur mit hilfesuchenden Blicken auf die anderen mühsam folgen können. Vereinschristen sind solche, die zu Feldmessen bei Vereinsfesten womöglich in Uniform und hinter Fahnen zu sehen sind, sich aber sonst nicht getrauen, sozusagen „zivil“ ihren Glauben zu bekennen. Andere heißen Kinderfestchristen: Sie fotografieren eifrig bei Kindermessen, beteiligen sich bei der Erstkommunionfeier und bei der Firmung, denn sie wollen den Kindern doch die Freude nicht verderben. Als Kulturchristen könnte man jene bezeichnen, die sich bei geistlichen Konzerten oder musikalisch hochstehenden Messen einfinden und auch sonst die kirchliche Kunst schätzen. Die Gewohnheitschristen fühlen sich nicht wohl, wenn sie Altgewohntes versäumen. Sie können sich auch nicht leicht auf liturgische Erneuerungen einstellen. Politikerchristen dürfen bei Dorffesten, Segnungen, Eröffnungen, Kirchweihen und anderen öffentlichen Veranstaltungen mit religiösem Flair nicht fehlen. Zuschauerchristen stehen bei Prozessionen mit Filmkameras interessiert am Wegrand oder sitzen rein passiv bei den Gottesdiensten; das Gebet und den Gesang überlassen sie den Profichristen, die wieder im Extremfall eine eigene Kategorie bilden und zu Gschaftlhuberchristen ausarten könnten. Die Auswahlchristen suchen sich aus, was ihnen an ihrem Glauben gefällt; sie bestimmen gleichsam selbst, was zu glauben ist und was man beiseite lassen kann. Es gibt auch die Richterchristen, die stets wissen, was andere falsch machen und diese eifrig beurteilen oder gar verurteilen. Im Gegensatz dazu werden manche Weichspülchristen genannt, weil sie alles entschuldigen, niemandem etwas Unangenehmes sagen, ihre Meinung immer an die anderer anpassen, um ja nicht anzuecken. Auch die Wald-Berg- und Wanderschristen gibt es, die sich in der Natur Gott näher wissen, aber den Gottesdienst meiden.
Man könnte sicher noch andere Kategorien christlichen Lebens finden. Auch gibt es Mischformen des Christseins. Man darf all diese Menschen nicht ausgrenzen oder gar verdammen. Es ist noch ein guter Rest des christlichen Glaubens bewahrt geblieben. Nur sollte man nicht meinen, darin bestehe die normale Gläubigkeit, und es sei dies ganz und gar hinreichend für ein solides modernes christliches Leben.

Wie soll aber nun der rechte Christ aussehen? Welche sind die wesentlichen Merkmale des wahren Christen? Wonach sollte er streben? Bevor man darauf eine Antwort gibt, muss man feststellen, dass der ideale Christ kaum existiert.

Schauen wir auf den Bericht des heutigen Sonntags beim Evangelisten Johannes:
Da gibt es junge Männer, die sich beim Täufer, dem Asketen, dem Bußprediger am Jordan aufhalten. Es sind an wesentlichen Lebensfragen interessierte Menschen. Der Gottesmann weist sie auf Jesus hin, der gerade vorbeikommt. Sein Bekenntnis, dieser Jesus sei der von Gott Gesandte, lässt sie zu diesem Jesus gehen. Sie folgen ihm, sie halten sich bei ihm auf, sie werden seine Schüler. Die einen erzählen es den anderen, und so kommen sie in die Gemeinschaft Jesu, von dem ihr zukünftiges Leben geprägt sein wird.

Der richtige Christ ist also wohl einer, der die Gemeinschaft mit Jesus pflegt, dem es lebenswichtig ist, Jesu Wort zu hören, mit Jesus zu reden, von ihm zu lernen. Man nennt daher die Christen Jünger Jesu, also Menschen, die Jesus nachfolgen, die sein Leben nachzuahmen versuchen und nach seiner Lehre leben wollen.

Auch die heutigen Jünger Jesu haben, wenn sie ihren Glauben ernst nehmen, ihre Entscheidung für Jesus und den christlichen Glauben getroffen, nachdem sie ihre Taufe gleichsam unterschrieben haben.
Sie kennen ihren Lebensweg. Wenn sie ihn verlassen oder fehlen, hoffen sie auf Heilung und Vergebung. Sie sind dort, wo Gleichgesinnte ihre Feste feiern und gestalten ihr Familienleben christlich. Sie sind keine vollendeten Heiligen, aber sie bemühen sich um ein gottgefälliges Leben der Liebe zu Gott und zu den Menschen. Sie wissen sich in der Gemeinschaft ihrer Kirche zuhause und orientieren sich an Jesus. Sie kennen ihr Lebensziel und tragen in sich die Hoffnung, in der Liebe Gottes zu leben und zu sterben.

Wir können alle solche Christen werden, die ihren Lebensweg entschlossen und in allem gelassen mit Jesus Christus gehen. (merli@utanet.at)