2. Sonntag im Jahreskreis
18. 1. 2015
Joh 1, 35-42
In jener Zeit
35stand
Johannes am Jordan, wo er taufte, und zwei seiner Jünger standen bei ihm.
36Als Jesus
vorüberging, richtete Johannes seinen Blick auf ihn und sagte: Seht, das Lamm
Gottes!
37Die beiden
Jünger hörten, was er sagte, und folgten Jesus.
38Jesus aber
wandte sich um, und als er sah, dass sie ihm folgten, fragte er sie: Was wollt
ihr? Sie sagten zu ihm: Rabbi - das heißt übersetzt: Meister -, wo wohnst du?
39Er
antwortete: Kommt und seht! Da gingen sie mit und sahen, wo er wohnte, und
blieben jenen Tag bei ihm; es war um die zehnte Stunde.
40Andreas, der
Bruder des Simon Petrus, war einer der beiden, die das Wort des Johannes gehört
hatten und Jesus gefolgt waren.
41Dieser traf
zuerst seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: Wir haben den Messias gefunden.
Messias heißt übersetzt: der Gesalbte - Christus.
42Er führte
ihn zu Jesus. Jesus blickte ihn an und sagte: Du bist Simon, der Sohn des
Johannes, du sollst Kephas heißen. Kephas bedeutet: Fels - Petrus.
Gedanken zum Evangelium
Man kann auf verschiedene Weise
Christ sein.
Man gab den Christen verschiedener
Eigenarten und Abstufungen mehr oder weniger treffende, wenn auch wenig
schmeichelhafte Namen:
Da ist die Rede von Taufscheinchristen,
bei denen nicht das Leben, sondern bloß der Taufschein ihren Glauben beweist.
Andere werden Feiertagschristen genannt, die nur zu besonderen Festtagen
wie Weihnachten, Ostern oder bei Familienfesten beim Gottesdienst zu sehen
sind. Dazu werden auch die Begräbnischristen gezählt, die den Zeremonien
nur mit hilfesuchenden Blicken auf die anderen mühsam folgen können. Vereinschristen
sind solche, die zu Feldmessen bei Vereinsfesten womöglich in Uniform und
hinter Fahnen zu sehen sind, sich aber sonst nicht getrauen, sozusagen „zivil“
ihren Glauben zu bekennen. Andere heißen Kinderfestchristen: Sie
fotografieren eifrig bei Kindermessen, beteiligen sich bei der
Erstkommunionfeier und bei der Firmung, denn sie wollen den Kindern doch die
Freude nicht verderben. Als Kulturchristen könnte man jene bezeichnen,
die sich bei geistlichen Konzerten oder musikalisch hochstehenden Messen
einfinden und auch sonst die kirchliche Kunst schätzen. Die Gewohnheitschristen
fühlen sich nicht wohl, wenn sie Altgewohntes versäumen. Sie können sich auch
nicht leicht auf liturgische Erneuerungen einstellen. Politikerchristen
dürfen bei Dorffesten, Segnungen, Eröffnungen, Kirchweihen und anderen
öffentlichen Veranstaltungen mit religiösem Flair nicht fehlen. Zuschauerchristen
stehen bei Prozessionen mit Filmkameras interessiert am Wegrand oder sitzen
rein passiv bei den Gottesdiensten; das Gebet und den Gesang überlassen sie den
Profichristen, die wieder im Extremfall eine eigene Kategorie bilden und
zu Gschaftlhuberchristen ausarten könnten. Die Auswahlchristen
suchen sich aus, was ihnen an ihrem Glauben gefällt; sie bestimmen gleichsam
selbst, was zu glauben ist und was man beiseite lassen kann. Es gibt auch die Richterchristen,
die stets wissen, was andere falsch machen und diese eifrig beurteilen oder gar
verurteilen. Im Gegensatz dazu werden manche Weichspülchristen genannt,
weil sie alles entschuldigen, niemandem etwas Unangenehmes sagen, ihre Meinung
immer an die anderer anpassen, um ja nicht anzuecken. Auch die Wald-Berg- und Wanderschristen gibt es,
die sich in der Natur Gott näher wissen, aber den Gottesdienst meiden.
Man könnte sicher noch andere
Kategorien christlichen Lebens finden. Auch gibt es Mischformen des
Christseins. Man darf all diese Menschen nicht ausgrenzen oder gar verdammen.
Es ist noch ein guter Rest des christlichen Glaubens bewahrt geblieben. Nur
sollte man nicht meinen, darin bestehe die normale Gläubigkeit, und es sei dies
ganz und gar hinreichend für ein solides modernes christliches Leben.
Wie soll aber nun der rechte
Christ aussehen? Welche sind die wesentlichen Merkmale des wahren Christen? Wonach sollte er streben? Bevor man
darauf eine Antwort gibt, muss man feststellen, dass der ideale Christ kaum
existiert.
Schauen wir auf den Bericht des heutigen Sonntags beim Evangelisten
Johannes:
Da gibt es junge Männer, die sich
beim Täufer, dem Asketen, dem Bußprediger am Jordan aufhalten. Es sind an
wesentlichen Lebensfragen interessierte Menschen. Der Gottesmann weist sie auf
Jesus hin, der gerade vorbeikommt. Sein Bekenntnis, dieser Jesus sei der von
Gott Gesandte, lässt sie zu diesem Jesus gehen. Sie folgen ihm, sie halten sich
bei ihm auf, sie werden seine Schüler. Die einen erzählen es den anderen, und
so kommen sie in die Gemeinschaft Jesu, von dem ihr zukünftiges Leben geprägt
sein wird.
Der richtige Christ ist also
wohl einer, der die Gemeinschaft mit Jesus pflegt, dem es lebenswichtig ist,
Jesu Wort zu hören, mit Jesus zu reden, von ihm zu lernen. Man nennt daher
die Christen Jünger Jesu, also Menschen, die Jesus nachfolgen, die sein Leben
nachzuahmen versuchen und nach seiner Lehre leben wollen.
Auch die heutigen Jünger Jesu haben,
wenn sie ihren Glauben ernst nehmen, ihre Entscheidung
für Jesus und den christlichen Glauben getroffen, nachdem sie ihre Taufe
gleichsam unterschrieben haben.
Sie kennen ihren Lebensweg. Wenn
sie ihn verlassen oder fehlen, hoffen sie auf Heilung und Vergebung. Sie sind
dort, wo Gleichgesinnte ihre Feste feiern und gestalten ihr Familienleben
christlich. Sie sind keine vollendeten Heiligen, aber sie bemühen sich um ein
gottgefälliges Leben der Liebe zu Gott und zu den Menschen. Sie wissen sich in
der Gemeinschaft ihrer Kirche zuhause und orientieren sich an Jesus. Sie kennen
ihr Lebensziel und tragen in sich die Hoffnung, in der Liebe Gottes zu leben
und zu sterben.
Wir können alle solche Christen
werden, die ihren Lebensweg entschlossen und in allem gelassen mit Jesus
Christus gehen. (merli@utanet.at)