Dienstag, 30. Juni 2015



Last und Freude im Alter
April 2015

Wenn Jugendjahre immer mehr entschwinden,
Erinnerungen stetig an Bedeutung wachsen,
es Not tut, Müdigkeit zu überwinden,
man wankt, als trüg´ man  Lasten buckelkraxen,

dann ist die Alters-Endzeit angebrochen,
der Abendstern mahnt ernst den Senior.
Es ächzen morgens seine alten Knochen,
er wähnt sich schon beinah beim Himmelstor.

Da nützen keine Salben oder Pillen,
die Haut wird brüchig, dünn und ausgezehrt,
die Stirn und das Gesicht sind voller Rillen,
mit Übeln wird man jährlich neu beschert.

Es „tinnitieren“ unentwegt die Ohren,
die Kniegelenke werden desolat,
man hört im Körper dräuendes Rumoren,
sucht täglich hoffend bei den Ärzten Rat.

Dies alles kann das Altersherz belasten
und arg vermiesen Unternehmungslust,
man neigt dann leicht dazu, nur noch zu rasten,
wenn Ängste dumpf beschweren Kopf und Brust.

Doch gibt es nicht auch warmen Sonnenschein,
ist wirklich helle Tröstung ganz verloren,
muss Trübsal letzte Trauerlosung sein,
wird nicht auch tiefe Freude neugeboren?

Die Senioren sind von Lasten frei,
die früher drückend auf den Schultern lagen,
als Kinder „tanzten“ nach dem letzten Schrei.
Jetzt muss man nicht mehr deren Leben tragen.

Man kann noch weite Reisen unternehmen,
sich an Erholung und Kultur erfreu´n
und muss nicht mehr besorgt die Wünsche zähmen,
vielleicht sogar Vergnügungen bereu´n.

Erfreuen kann zum letzten Lebensrest
die Freundschaft, die erbaut in jungen Jahren
und trostvoll Abendrot erleben lässt;
man kann sie neu beleben und bewahren.

Die Senioren dürfen sich auch giften,
wenn wieder einmal einer Dummes schreibt,
dass Frauen schöner werden, wenn sie liften
und Kuren helfen, wenn man schon beleibt.

Auch prüft man  gerne manchen Leserbrief,
erleichtert sich durch Bravo oder Grollen
und kündend, dass die Galle überlief,
geplagt vielleicht durch Hatschi-Frühlingspollen.

Und wenn man gar beweibt, ist jemand da,
für den sich´s lohnt, die Tasche heimzutragen,
gemeinsam dann zu singen trallala
und manches Tänzchen miteinand´ zu wagen.

Noch kann man Liebevolles geistvoll reimen,
mit Heiterkeit das Leben auszufüllen,
bewundern auch das frühlingshafte Keimen,
den Rosenduft der Freude neu enthüllen,

barmherzig altes Unrecht sanft vergeben,
so manche Irrung sachte korrigieren,
nach neuen Werten oder Sichten streben,
auch Ungewohntes mutig anvisieren.

Die Jahre halfen, Leichen zu entsorgen,
die unvergessen noch im Keller lagen.
So strahlt nach finst´rer Nacht ein neuer Morgen,
man braucht nicht trostlos alte Lasten tragen.

Den Senioren scheint noch warm die Sonne
am Abend, wenn der Sturm sich schon gelegt
und milde strahlt des reifen Lebens Wonne,
die Herz und Sinne tröstend sanft bewegt.

Man darf beglückt von alten Zeiten träumen,
und einen Blick ins Lebensalbum tun,
doch nicht darob die Gegenwart versäumen,
als würde man bereits im Grabe ruh´n.

So wird das Alter auch zur Gnadenzeit,
in der ein Frühlingsstrauß verborgen blüht.
Und wenn der Lebensgipfel nicht mehr weit,
das Abendrot besonders freundlich glüht.

Auch wer als Diener Gottes alt geworden
und nur mehr eingeschränkten Dienst versieht,
vielleicht Zuhause ist in einem Orden,
gelassen froh zur letzten Heimat zieht.

So lasst uns, Freunde, froh gesonnen sein,
die Zukunft in die Hände Gottes legen.
Er ruft uns einst gewiss in Liebe heim
nach mühevollen, treuen, guten Wegen.     AM