9. Sonntag im Jahreskreis
29. 5. 2016
Lk 7, 1-10
1Als Jesus diese Rede
vor dem Volk beendet hatte, ging er nach Kafarnaum hinein.
2Ein Hauptmann hatte
einen Diener, der todkrank war und den er sehr schätzte.
3Als der Hauptmann von
Jesus hörte, schickte er einige von den jüdischen Ältesten zu ihm mit der
Bitte, zu kommen und seinen Diener zu retten.
4Sie gingen zu Jesus
und baten ihn inständig. Sie sagten: Er verdient es, dass du seine Bitte
erfüllst;
5denn er liebt unser
Volk und hat uns die Synagoge gebaut.
6Da ging Jesus mit
ihnen. Als er nicht mehr weit von dem Haus entfernt war, schickte der Hauptmann
Freunde und ließ ihm sagen: Herr, bemüh dich nicht! Denn ich bin es nicht wert,
dass du mein Haus betrittst.
7Deshalb habe ich mich
auch nicht für würdig gehalten, selbst zu dir zu kommen. Sprich nur ein Wort,
dann muss mein Diener gesund werden.
8Auch ich muss
Befehlen gehorchen, und ich habe selber Soldaten unter mir; sage ich nun zu
einem: Geh!, so geht er, und zu einem andern: Komm!, so kommt er, und zu meinem
Diener: Tu das!, so tut er es.
9Jesus war erstaunt
über ihn, als er das hörte. Und er wandte sich um und sagte zu den Leuten, die
ihm folgten: Ich sage euch: Nicht einmal in Israel habe ich einen solchen
Glauben gefunden.
10Und als die Männer,
die der Hauptmann geschickt hatte, in das Haus zurückkehrten, stellten sie
fest, dass der Diener gesund war.
Gedanken zum Evangelium
Nachdem Jesus in der Feldrede
alles gesagt hatte, begab er sich in seine Stadt Kafarnaum, in der er schon
wiederholt gepredigt und Heilungen vorgenommen hatte. Der Hauptmann, vielleicht
ein römischer Centurio oder ein Verwaltungsbeamter, ersucht ihn um Heilung
seines Dieners. Schauen wir heute auf diese sympathische Persönlichkeit.
Die Sorge um seinen Diener
In einer Zeit der Sklavenhaltung
ist eine solche Beziehung zum Diener auffällig. Er wird damit Vorbild für die
Leser des Lukasevangeliums.
Christen werden angeregt, ihr
Verhältnis zu den Mitmenschen, insbesonders zu den Untergebenen zu überprüfen.
Bei einer solchen Gesinnung der Arbeitgeber hätte sich zum Beispiel jeder
Klassenkampf erübrigt. Die Gewerkschaften könnten ihre Vorschläge zur
Verbesserung der Lebensverhältnisse arbeitender Menschen vorbringen und würden
sie mit den Anliegen der Arbeitgeber koordinieren. Es gäbe keine Streiks,
sondern ein freundschaftliches Klima der Zusammenarbeit aller. Dies würde auch
die Sorge um die Gesundheit einbeziehen. In manchen Betrieben finden sich diese
christlichen Zustände der gegenseitigen Rücksichtnahme und Förderung. Diese
Haltung würde sich in vielen Bereichen des täglichen Lebens positiv auswirken.
Die Sorge um die Ausübung der
Religion
Obwohl offenbar selbst Heide,
achtet der „Hauptmann“ den Glauben seiner Mitmenschen und unterstützt ihre
Religionsausübung. Auch dies zeigt seine tolerante Gesinnung und die Achtung
vor der Überzeugung anderer.
Christen haben nicht immer
Andersdenkende geachtet. Es gab Missachtung von Überzeugungen und Verfolgung
von „Irrlehrern“, wobei man sich nicht auf Jesus berufen konnte. Die
Gewissensfreiheit musste sich erst mühsam durchsetzen. Wir sind berufen,
Vorkämpfer für die Freiheit des Gewissens zu sein und sollten an vorderster
Front für Menschen mit ehrlicher Überzeugung kämpfen.
Die Demut des „Hauptmanns“
Es ist wohltuend, wie bescheiden
der Mann auftritt, wie er bittet und sich dann sogar für unwürdig hält, Jesus
zu empfangen.
Christliche Aufgeblasenheit stößt
nicht selten ab. Diese kann bei Mitarbeitern in einer Pfarre, bei sogenannten
„Berufskatholiken“ ebenso zu finden sein wie bei den Amtsträgern, die sich so
ungemein weise und überlegen vorkommen, weil ihnen eine höhere Bildung
geschenkt ist oder weil sie Machtpositionen erklommen haben. Umso mehr sind
geistig Hochstehende und Amtsinhaber, die ihre Mitmenschen voll Respekt
behandeln und ihre Würde achten, eine wahre Wohltat.
Sprich nur ein Wort!
Der Glaube des Mannes ist
bewundernswert, sein Vertrauen übertrifft das vieler Juden. Er bezeichnet Jesus
mit dem Wort „Herr“, griechisch kyrios, was göttliche Vollmacht andeutet. Auch
heute gibt es viele halbherzig Glaubende. In charismatischen Gebetsgruppen
finden wir zunehmend wieder dieses vertrauensvolle Gebet, mit dem sie für
Glaubensschwache oder Kranke eintreten. Wir könnten angesichts dieses
Evangeliums unseren Glauben erneuern und uns im Gebet wieder mit mehr Vertrauen
an Gott wenden. Die Berechtigung dazu gibt uns Jesus.
Der Diener ist geheilt.
Jeder, der in der richtigen
Gesinnung zu Jesus geht, kann Heilung erfahren. Das Gebet für Freunde in Not
ist immer wirksam. Wenn auch die Gesundung nicht so geschieht, wie man es
erwartet. Immer gereicht die Zuwendung im Gebet zum Heil. Es stärkt die
Beziehungen, heilt Verletzungen, tröstet und vermehrt Zuversicht und Freude (merli@utanet.at)