Montag, 15. Oktober 2018


30. Sonntag im Jahreskreis

 28. Okt. 2018
 
Mk 10, 46-52
46Sie kamen nach Jericho. Als er mit seinen Jüngern und einer großen Menschenmenge Jericho wieder verließ, saß an der Straße ein blinder Bettler, Bartimäus, der Sohn des Timäus.
47Sobald er hörte, dass es Jesus von Nazaret war, rief er laut: Sohn Davids, Jesus, hab Erbarmen mit mir!
48Viele wurden ärgerlich und befahlen ihm zu schweigen. Er aber schrie noch viel lauter: Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!
49Jesus blieb stehen und sagte: Ruft ihn her! Sie riefen den Blinden und sagten zu ihm: Hab nur Mut, steh auf, er ruft dich.
50Da warf er seinen Mantel weg, sprang auf und lief auf Jesus zu.
51Und Jesus fragte ihn: Was soll ich dir tun? Der Blinde antwortete: Rabbuni, ich möchte wieder sehen können.
52Da sagte Jesus zu ihm: Geh! Dein Glaube hat dir geholfen. Im gleichen Augenblick konnte er wieder sehen, und er folgte Jesus auf seinem Weg.

Gedanken zum Evangelium

Offenbar befindet sich die Gruppe um Jesus auf dem Weg nach Jerusalem. Der blinde Bartimäus am Wegrand ruft mit aufkeimendem Glauben nach Jesus. Er nennt ihn Sohn Davids und erhofft sich Hilfe, Heilung und Befreiung aus seiner Isolierung. Man will den Störenfried zum Schweigen bringen. Doch er lässt sich nicht einschüchtern und schreit noch lauter.
Die Blindheit bedeutet Trennung vom normalen Leben und ist eine schwere Behinderung. Die Erzählung hat aber eine tiefere Bedeutung, der wir nachspüren wollen. Die Blindheit kann sich verschieden auswirken und bedeutet immer Unsicherheit, Absonderung, Einsamkeit.
Wir können unterscheiden:

Blindheit gegen sich selbst
Sie lässt den Menschen im Dunkeln in seinem Urteil über sich selbst. Minderwertigkeitsgefühle oder Selbstüberschätzung, Unzufriedenheit oder auch ein krankhafter Unschuldswahn sind belastende Folgen.
Der Mensch braucht aber die richtige Wertung seiner Anlagen, seiner Vorzüge und seiner Schwächen. Manchmal wirkt eine Psychotherapie befreiend.
Vertrauensvolle Hinwendung zu Jesus Christus und die unvoreingenommene Prüfung seines Lebens vor ihm und mit ihm können Gelassenheit, innere Ruhe und Lebensfreude bewirken. Die Wahrheit macht frei.

Blindheit gegenüber den Mitmenschen
Viele schauen nur wie eingekapselt auf sich selbst, bedauern sich und ihr Leben, schieben ihre Schwierigkeiten auf ihren Ehepartner, auf die Eltern oder die Gesellschaft. Sie sehen gar nicht, was andere leisten, welche Lasten auch diese zu tragen haben, und dass vielen niemand beisteht.
Heilung und Befreiung erfährt, wer sich von seiner Selbstdarstellung und seinem Selbstmitleid abwendet und beginnt, sich für das Leben anderer Menschen zu interessieren. Es weitet sich die Sicht, man wird frei, verständnisvoll und kann so, oft ganz beglückt, seinen Mitmenschen beistehen und ihnen helfen. Auch dabei hat der Blick auf Jesus, auf sein Wort und seinen Lebensweg und die Intensivierung der Beziehung zu ihm schon vielen Heilung gebracht.

Die schwerste Blindheit, die in der Erzählung anklingt, ist die Blindheit des Glaubens.
Sie kann schon von Anfang an in einer glaubensfernen Familie wurzeln, sie kann sich in der Jugend gebildet haben oder durch Vernachlässigung des religiösen Lebens ausgebrochen sein. Diese Blindheit ist deshalb schwer, weil das Ziel des Lebens im Unglauben versinkt, das Leben dadurch nur diesseitig gesehen wird und jede Hoffnung darüber hinaus schwindet. Es ist dies ein verarmtes Leben, nicht selten voller Hochmut und gespielter Selbstsicherheit, ohne Orientierung und ohne Beziehung zu dem, der allein des Menschen Herz nachhaltig erfüllen, Zuversicht, Befreiung und Hoffnung ermöglichen kann.
Diese Blindheit kann nur Jesus heilen. Er ruft alle, wie den blinden Bartimäus, zu sich und fragt: „Was soll ich dir tun?“ Der Stolze ist an dieser Frage nicht interessiert, bleibt in seiner Diesseitigkeit stecken, bis er am Ende in hoffnungsloser Resignation versinkt.

Der Glaubensbereite und Hilfsbedürftige kann neu sehend werden und die befreienden Worte vernehmen: „Geh! Dein Glaube hat dir geholfen.“ (merli@utanet.at)