Montag, 8. Juli 2019


15. Sonntag im Jahreskreis

14. 7. 2019
Lk 10, 25-37
25 Da stand ein Gesetzeslehrer auf, und um Jesus auf die Probe zu stellen, fragte er ihn: Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?
26 Jesus sagte zu ihm: Was steht im Gesetz? Was liest du dort?
27 Er antwortete: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deiner Kraft und all deinen Gedanken, und: Deinen Nächsten sollst du lieben wie dich selbst.
28 Jesus sagte zu ihm: Du hast richtig geantwortet. Handle danach, und du wirst leben.
29 Der Gesetzeslehrer wollte seine Frage rechtfertigen und sagte zu Jesus: Und wer ist mein Nächster?
30 Darauf antwortete ihm Jesus: Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab und wurde von Räubern überfallen. Sie plünderten ihn aus und schlugen ihn nieder; dann gingen sie weg und ließen ihn halb tot liegen.
31 Zufällig kam ein Priester denselben Weg herab; er sah ihn und ging weiter.
32 Auch ein Levit kam zu der Stelle; er sah ihn und ging weiter.
33 Dann kam ein Mann aus Samarien, der auf der Reise war. Als er ihn sah, hatte er Mitleid,
34 ging zu ihm hin, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie. Dann hob er ihn auf sein Reittier, brachte ihn zu einer Herberge und sorgte für ihn.
35 Am andern Morgen holte er zwei Denare hervor, gab sie dem Wirt und sagte: Sorge für ihn, und wenn du mehr für ihn brauchst, werde ich es dir bezahlen, wenn ich wiederkomme.
36 Was meinst du: Wer von diesen dreien hat sich als der Nächste dessen erwiesen, der von den Räubern überfallen wurde?
37 Der Gesetzeslehrer antwortete: Der, der barmherzig an ihm gehandelt hat. Da sagte Jesus zu ihm: Dann geh und handle genauso!
Gedanken zum Evangelium

Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter enthält eine Grundlehre des christlichen Glaubens und ist eine der bedeutendsten Wegweisungen für die Christen.

„Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“
Diese Frage hatte nicht nur bei den frommen Juden zur Zeit Jesu höchste Aktualität, sondern ist für religiöse Menschen zu allen Zeiten von eminenter Bedeutung. Es geht um die über die Wechselfälle dieser Welt hinausgehende Zukunft des Menschen. Es geht um die Frage, wie man vor Gott richtig leben muss, um an den Verheißungen der Religion teilnehmen zu können. Es gibt keine brennendere Frage, obwohl wir mitten im täglichen Getriebe vielfach von ihr abgelenkt werden. Vordergründige Aufgaben stehen an. Familie, Beruf, politische Ereignisse nehmen unser Denken  gefangen. Dennoch wäre diese Frage nach dem letzten Ziel dringend zu stellen, will man den wahren Sinn des Lebens finden.
Christen sollten sich aus dem Zeitdruck täglicher Notwendigkeiten wenigstens gelegentlich befreien. Besinnungstage, Wanderwochen, Urlaub im Kloster, religiöse Fortbildungsveranstaltungen, Exerzitien oder einfach erholsame Sonntage bieten sich  dazu an.

„Was steht geschrieben?“
Jesus antwortet, wie es im Schüler-Lehrer-Verhältnis üblich war, mit einer Gegenfrage. So wird die Heilige Schrift zur Lehrmeisterin für den Fragenden.
Ohne den Blick auf die Lehren der Bibel können auch wir religiöse Fragen nur nebulos diskutieren. Antworten, die tragfähig sind, notwendige Erkenntnisse vermitteln und die Wahrheiten unseres Lebens aufzeigen, finden sich nur im Wort Gottes. Bibellesung, Hören der Predigten oder Bibelrunden sind Angebote, die Christen in einer Zeit weit verbreiteter Verunsicherungen und leerem Geschwätz über Glaubensfragen dringend benötigen, wollen sie sich nicht religiös verirren.

„Wer ist mein Nächster?“
Der Aufruf der Schrift zu Gottes- und Nächstenliebe provoziert eine neue Frage. Jesus beantwortet sie mit einer Gleichniserzählung.
Auch uns stellt sich die Frage, wem sollen wir beistehen? Gibt es nicht auch den Missbrauch der Wohltätigkeit? Den Angehörigen, den Mitbürgern oder den schuldlos ins Elend Geratenen will man ja helfen. Gibt es nicht auch die Überforderung angesichts des Elends, das selbstverschuldet oder von gewissenlosen Machthabern verursacht ist?

„Dann geh und handle genauso!“
Nachdem Jesus das Gleichnis von dem barmherzigen Mann aus Samarien erzählt hatte, erkennt der Frager und auch der Leser der Bibel heute, dass Liebe jedem gebührt, der in Not ist. Es zählen dabei nicht die Volkszugehörigkeit, nicht der Familienverband, nicht die religiöse Einstellung, es zählt allein der Mensch in Not. Somit wird die Antwort auf die Frage, wer denn mein Nächster sei, klar beantwortet.
Dazu kommt für uns alle die Aufforderung, die hilfsbereite Liebe jedem Mitmenschen zu gewähren, der uns in seiner Notlage nahe kommt. Wir können nicht die Übel der ganzen Welt beseitigen. Wir können dort eingreifen, wo uns die Not begegnet, sei es in der eigenen Umgebung oder aufgrund von Nachrichten über konkrete Not in diversen Katastrophenländern. Entscheidend ist auch nicht die Frage: Wird unsere Hilfe vielleicht missbraucht? Manche fragen so lange und immer wieder und kommen so nie zum Hilfseinsatz. Vielleicht braucht der wohltätige Christ die Barmherzigkeit mehr als der Hilfsbedürftige. Er wird durch die tätige Liebe selbst verwandelt und erfährt die innere Freude dessen, der nicht an seinem Besitz klebt und frei wird durch wohltätiges Tun.

Das wunderbare Gleichnis enthält auch eine Warnung an die „Gerechten“, die über ihrem Dienst am Altar und über ihren religiösen Verpflichtungen auf Mitgefühl und Barmherzigkeit vergessen. Die Liebe zu Gott ist nicht von der Liebe zu den Menschen zu trennen. (merli@utanet.at

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16. Sonntag im Jahreskreis
 21. 7. 2019
 Lk 10, 38-42
38Sie zogen zusammen weiter, und er kam in ein Dorf. Eine Frau namens Marta nahm ihn freundlich auf.
39Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu.
40Marta aber war ganz davon in Anspruch genommen, für ihn zu sorgen. Sie kam zu ihm und sagte: Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die ganze Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen!
41Der Herr antwortete: Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen.
42Aber nur eines ist notwendig. Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden.
Gedanken zum Evangelium

Jesu Besuch bei den Schwestern seines Freundes Lazarus kann verglichen werden mit den Berichten über die Abweisung Jesu durch die Bewohner eines samaritischen Ortes und mit der Einladung des Zöllners Zachäus. Hier bei diesen Schwestern Marta und Maria dürfte Jesus schon öfter gern gesehener Gast gewesen sein. Er befindet sich nach wie vor auf dem Weg nach Jerusalem. Die Szene lädt zum Nachdenken ein.

„...eine Frau namens Marta nahm ihn freundlich auf.“
Es ist bemerkenswert, dass hier die Frau als Gastgeberin aufscheint und nicht ihr Bruder Lazarus. Wieder kann man die unkonventionelle Denkweise Jesu erkennen, die Lukas nachzeichnet. Jesus setzt sich bedenkenlos über althergebrachte patriarchalische Vorgaben hinweg. Er kehrt bei einer Frau ein. Er ist souverän und nicht ängstlich an überholte Konventionen gebunden.
Jesus ist gekommen, den Menschen Freiheit und Freude zu bringen. Die zu ihm Gehörenden sollen von Ängsten befreit leben, sich nicht nach überholten Normen richten müssen oder von Tratsch und Misstrauen irritieren lassen. Entscheidend ist allerdings, dass sie ihren christlichen Lebensweg in der Gesinnung Jesu selbstlos liebend und tadellos gehen wollen.

„Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die ganze Arbeit mir allein überlässt?“
Auch heute gibt es das Problem des scheinbaren Gegensatzes zwischen religiösem Leben und der notwendigen Arbeit. „Ich komme wegen der Betreuung meiner Gäste oder weil ich als Berufstätige am Sonntag die Hausarbeit verrichten muss nicht zum Gottesdienst.“ Diese oder ähnliche Entschuldigungen kann man nicht selten hören.
Soll religiöses Leben auf Kosten der Familie oder der Betreuung von Kranken den Vorzug haben? Sind das gemütliche gemeinsame Frühstück und die bequeme Vormittagsgestaltung beim Grillen im Garten wichtiger als die Gemeinschaft der Glaubenden? Darf man das eine gegen das andere ausspielen? Müsste nicht eher ein „sowohl - als auch“ gelten? Die treu beim Gottesdienst Anwesenden beweisen, dass dies möglich ist.

„Maria hat das Bessere erwählt.“
Maria hörte seinen Worten zu. Es kommt uns Jesu Ausspruch in den Sinn: „Selig, die das Wort Gottes hören und es befolgen.“
Die Arbeit steht nicht im Gegensatz zum Hören des Wortes. Aber der Wert täglicher Notwendigkeiten ist von den Worten Jesu her zu beleuchten und zu gewichten. Sie geben dem Arbeiten und Mühen ihren Sinn. Alles Getue und Gerenne der modernen Lebensgestaltung ist nicht selten innerer Leerlauf und bewirkt Freudlosigkeit in den Herzen.
Der Christ wird sich Zeiten der Besinnung und des Ruhigwerdens reservieren. Vernünftige Gäste verstehen, dass Gläubige ihren Gottesdienst besuchen. Sie gehen vielleicht sogar mit. Auch nichtreligiöse Familienmitglieder können, wenn sie redlich sind, der Treue im religiösen Leben ihrer Angehörigen Respekt abgewinnen.
Christen brauchen keine Angsthasen zu sein, auch nicht, wenn sie einmal wegen notwendiger Krankenpflege den Gottesdienst versäumen müssen. Auf keinen Fall sollen sie aber leichtfertig das Wort Gottes vernachlässigen, die Wegweisungen Jesu beiseite schieben, um ihren Arbeiten oder gar Vergnügungen nachzugehen. Dies würde früher oder später in die Glaubens- und Sinnlosigkeit führen.

Wer das Wort Gottes als Wegweisung bewertet und sich daher ernste Gedanken über das heutige Sonntagsevangelium machen will, kann am besten so vorgehen: Zuerst den Text lesen, dann das eigene Leben anhand der einzelnen Sätze und Aussagen überprüfen und schließlich einige Vorsätze fassen, um den Einsichten auch im täglichen Handeln Raum zu geben. (merli@utanet.at)