Donnerstag, 5. September 2019


Europäisches Christentum?

August 2019

Papst Benedikt XVI. sagte sinngemäß: Viele Christen in Europa leben wie getaufte Heiden.
In ihrem Leben weist fast nichts auf ihren christlichen Glauben hin. Sie feiern die Sonntagsmesse nicht mit, haben keine Kreuze in ihren Wohnungen, sie beten kaum, leben ohne Sakramente, sie zeigen auch ihren Glauben vor den Mitmenschen nicht. Das einzige, was sie noch von den Glaubenslosen unterscheidet, ist ihr Kirchenbeitrag oder am Ende das kirchliche Begräbnis. Vielleicht lassen sie auch noch ihre Kinder taufen und am Religionsunterricht teilnehmen.
Offensichtlich hat ein solches Christentum weder Kraft noch Zukunft. In einigen Jahren sind die Nachkommen dieser noch Getauften auch keine Mitglieder ihrer Kirchengemeinschaft mehr. Es entsteht eine glaubenslose Gesellschaft oder es werden andere Religionen wachsen. Der Islam steht ja schon mitten in Europa bereit.
Diese Situation hat mehrere Ursachen. Die Aufklärung war eine Initialzündung für „Befreiung von religiösen Zwängen“. Die Kirchen haben es versäumt, die Verkündigung rechtzeitig an die neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse anzupassen. Es gab keine hinreichenden Erklärungen, die „Ungereimtheiten“ in den biblischen Berichten beleuchteten oder auch die Fehlentwicklungen  und weltliche Herrschaftsgelüste der Kirche in früheren Jahrhunderten als Verirrung anprangerten.
Eine zuletzt virulent aufgetretene Wohlstands- und Genusssucht haben zunehmend das religiöse Leben zurückgedrängt. Eine wesentliche Ursache der religiösen Flaute ist das fehlende Glaubensgespräch, mangelndes religiöses Wissen und das rein auf Diesseitiges ausgerichtete Leben in den Familien.

Eine Teilschuld an dieser Entchristlichung liegt auch bei den Verkündern des Glaubens. Die Bischöfe agieren wie eh und je in geschützten kirchlichen Bereichen. Sie begeben sich kaum auf das dünne Eis herausfordernder Diskussionen mit nicht glaubenden Kapazitäten. Sie glauben an ihre gesellschaftliche Bedeutung, weil sie noch immer bei Veranstaltungen Ehrenplätze zugewiesen bekommen und ihnen Ehrerbietung zuteil wird. Doch vieles davon ist Tünche und Schein. Man hat das Gefühl, auch Bischöfe und Priester haben sich mit der schwindenden Glaubenspraxis abgefunden. Es besteht eine „Rentnermentalität“: Bis zur Pensionierung muss man noch über die Runden kommen.

Was kann unternommen werden?
> Zuerst müsste der Klerus zu einer optimistischen und offensiven Pastoral zurückfinden. Dazu können Besinnungstage für die Priester beitragen, die neue Wege der Pastoral weisen, aber auch zu einer tieferen Glaubenshaltung des Klerus führen müssten.
Da das Glaubenswissen bei vielen Christen nur noch rudimentär vorhanden  ist, gilt es, diese wieder in die Wahrheiten ihres Glaubens einzuführen. Dazu einige Gedanken:
>Solide Glaubensinformation auf allen Gebieten der Verkündigung, z. B im Religionsunterricht, in den Predigten, bei Bildungsveranstaltungen und Glaubensgesprächen, in der Kirchenzeitung oder in regelmäßigen Pfarrbriefen. Die Themen sind diözesanweit, österreichweit oder europaweit zentral vorzubereiten und an die Pfarrer auszuliefern. Das Motto muss lauten: Christen lernen ihren Glauben kennen.
> Die Gebetskultur muss vertieft werden. Besonders geht es um die Einübung des persönlichen Gebetes neben den Formelgebeten. Damit wird eine lebendige Beziehung zu Christus ermöglicht. Ohne diese ist der christliche Glaube auf Sand gebaut. Ein Behelf mit Beispielen für persönliches Beten ist erforderlich. Gebetsrunden können dabei Hilfen sein.
>Elternschulung vor und nach der Taufe eines Kindes. Behelfe für Eltern und Paten mit Zusammenfassung der wichtigsten Glaubensinhalte sind zu erstellen.
>Mitarbeiter werden eingeladen oder verpflichtet, alle 5 Jahre an einer religiösen Weiterbildung teilzunehmen (Einkehrtage, Exerzitien, Glaubenskurse usw.).
>Jeder Seelsorger oder Mitarbeiter besucht jährlich die Eltern der Neugetauften, die Getrauten, die Kranken, die Jubilare, um mit ihnen auch Glaubenswege zu besprechen.
> Der Pfarrer lädt jährlich neben den üblichen Veranstaltungen seine Mitarbeiter und deren Familien zu einem Pfarrgemeindetag mit Besinnung und gemütlichem Beisammensein ein.

AM