Europäisches Christentum?
August 2019
Papst Benedikt XVI. sagte sinngemäß: Viele Christen in Europa
leben wie getaufte Heiden.
In ihrem Leben weist fast nichts auf ihren christlichen
Glauben hin. Sie feiern die Sonntagsmesse nicht mit, haben keine Kreuze in
ihren Wohnungen, sie beten kaum, leben ohne Sakramente, sie zeigen auch ihren
Glauben vor den Mitmenschen nicht. Das einzige, was sie noch von den
Glaubenslosen unterscheidet, ist ihr Kirchenbeitrag oder am Ende das kirchliche
Begräbnis. Vielleicht lassen sie auch noch ihre Kinder taufen und am
Religionsunterricht teilnehmen.
Offensichtlich hat ein solches Christentum weder Kraft noch
Zukunft. In einigen Jahren sind die Nachkommen dieser noch Getauften auch keine
Mitglieder ihrer Kirchengemeinschaft mehr. Es entsteht eine glaubenslose
Gesellschaft oder es werden andere Religionen wachsen. Der Islam steht ja schon
mitten in Europa bereit.
Diese Situation hat mehrere Ursachen. Die Aufklärung war
eine Initialzündung für „Befreiung von religiösen Zwängen“. Die Kirchen haben
es versäumt, die Verkündigung rechtzeitig an die neuen naturwissenschaftlichen
Erkenntnisse anzupassen. Es gab keine hinreichenden Erklärungen, die
„Ungereimtheiten“ in den biblischen Berichten beleuchteten oder auch die
Fehlentwicklungen und weltliche
Herrschaftsgelüste der Kirche in früheren Jahrhunderten als Verirrung
anprangerten.
Eine zuletzt virulent aufgetretene Wohlstands- und Genusssucht
haben zunehmend das religiöse Leben zurückgedrängt. Eine wesentliche Ursache
der religiösen Flaute ist das fehlende Glaubensgespräch, mangelndes religiöses Wissen
und das rein auf Diesseitiges ausgerichtete Leben in den Familien.
Eine Teilschuld an dieser Entchristlichung liegt auch bei
den Verkündern des Glaubens. Die Bischöfe agieren wie eh und je in geschützten
kirchlichen Bereichen. Sie begeben sich kaum auf das dünne Eis herausfordernder
Diskussionen mit nicht glaubenden Kapazitäten. Sie glauben an ihre
gesellschaftliche Bedeutung, weil sie noch immer bei Veranstaltungen
Ehrenplätze zugewiesen bekommen und ihnen Ehrerbietung zuteil wird. Doch vieles
davon ist Tünche und Schein. Man hat das Gefühl, auch Bischöfe und Priester
haben sich mit der schwindenden Glaubenspraxis abgefunden. Es besteht eine „Rentnermentalität“:
Bis zur Pensionierung muss man noch über die Runden kommen.
Was kann unternommen werden?
> Zuerst müsste der Klerus zu einer optimistischen und offensiven
Pastoral zurückfinden. Dazu können Besinnungstage für die Priester beitragen,
die neue Wege der Pastoral weisen, aber auch zu einer tieferen Glaubenshaltung
des Klerus führen müssten.
Da das Glaubenswissen bei vielen Christen nur noch
rudimentär vorhanden ist, gilt es, diese
wieder in die Wahrheiten ihres Glaubens einzuführen. Dazu einige Gedanken:
>Solide Glaubensinformation auf allen Gebieten der
Verkündigung, z. B im Religionsunterricht, in den Predigten, bei
Bildungsveranstaltungen und Glaubensgesprächen, in der Kirchenzeitung oder in
regelmäßigen Pfarrbriefen. Die Themen sind diözesanweit, österreichweit oder europaweit
zentral vorzubereiten und an die Pfarrer auszuliefern. Das Motto muss lauten:
Christen lernen ihren Glauben kennen.
> Die Gebetskultur muss vertieft werden. Besonders geht
es um die Einübung des persönlichen Gebetes neben den Formelgebeten. Damit wird
eine lebendige Beziehung zu Christus ermöglicht. Ohne diese ist der christliche
Glaube auf Sand gebaut. Ein Behelf mit Beispielen für persönliches Beten ist
erforderlich. Gebetsrunden können dabei Hilfen sein.
>Elternschulung vor und nach der Taufe eines Kindes.
Behelfe für Eltern und Paten mit Zusammenfassung der wichtigsten
Glaubensinhalte sind zu erstellen.
>Mitarbeiter werden eingeladen oder verpflichtet, alle 5
Jahre an einer religiösen Weiterbildung teilzunehmen (Einkehrtage, Exerzitien,
Glaubenskurse usw.).
>Jeder Seelsorger oder Mitarbeiter besucht jährlich die
Eltern der Neugetauften, die Getrauten, die Kranken, die Jubilare, um mit ihnen
auch Glaubenswege zu besprechen.
> Der Pfarrer lädt jährlich neben den üblichen
Veranstaltungen seine Mitarbeiter und deren Familien zu einem Pfarrgemeindetag
mit Besinnung und gemütlichem Beisammensein ein.
AM