Sonntag, 6. Oktober 2019


29. Sonntag im Jahreskreis

20. 10. 2019
Lk 18, 1-8
In jener Zeit
1sagte Jesus ihnen durch ein Gleichnis, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten:
2In einer Stadt lebte ein Richter, der Gott nicht fürchtete und auf keinen Menschen Rücksicht nahm.
3In der gleichen Stadt lebte auch eine Witwe, die immer wieder zu ihm kam und sagte: Verschaff mir Recht gegen meinen Feind!
4Lange wollte er nichts davon wissen. Dann aber sagte er sich: Ich fürchte zwar Gott nicht und nehme auch auf keinen Menschen Rücksicht;
5trotzdem will ich dieser Witwe zu ihrem Recht verhelfen, denn sie lässt mich nicht in Ruhe. Sonst kommt sie am Ende noch und schlägt mich ins Gesicht.
6Und der Herr fügte hinzu: Bedenkt, was der ungerechte Richter sagt.
7Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen, sondern zögern?
8Ich sage euch: Er wird ihnen unverzüglich ihr Recht verschaffen. Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde (noch) Glauben vorfinden?
Gedanken zum Evangelium

Im heutigen Evangelium wird nur eines der zwei zusammengehörenden Gleichnisse dargelegt. Es geht dabei um das beharrliche Gebet. Wenn schon die hartnäckige Bitte der Witwe den unkorrekten Richter dazu bewegt, der Frau ihr Recht zuteil werden zu lassen, um wie viel mehr wird dann Gott den Menschen erhören, wenn er sich mit Nachdruck und Beharrlichkeit an ihn wendet. Einige der folgenden Gedanken können uns in den Sinn kommen:

Das Gleichnis kann uns zum Gebet ermutigen.
Wir religiösen Rationalisten denken, Gott weiß ja ohnehin, was wir brauchen oder in welcher Not wir uns befinden. Warum sollen da viele Worte notwendig sein?
Gewiss benötigt Gott unser Gebet nicht. Wir brauchen es, damit wir Gottes Wohlwollen erkennen. Es macht uns gläubiger und empfänglich für Wesentliches. Vielleicht begreifen wir bei unseren Gebeten auch, was wichtig ist und worauf es ankommt. Manches verliert im Blick auf Gott an Bedeutung, anderes tritt in den Vordergrund. Wer betet, lernt wesentlicher zu denken, sich an Gott zu orientieren und auf Letztes zu bauen.

Das Gebet verleiht Geborgenheit.
Wir fühlen uns gelegentlich verlassen. Ängste, Sorgen und Kreuze bedrücken uns nicht selten, manche mehr, andere weniger. Menschen suchen und brauchen einen Halt. Diesen Halt finden wir bei unserem Gott. Das Gleichnis betont, dass Gott auf die Seinen hört, dass er sie nicht im Stich lässt, ihnen beisteht und für sie da ist. Geborgenheit, Trost, Ruhe und Hoffnung sind die Früchte des Betens.

Das Gebet soll beharrlich sein.
Jesus lebte stets in Hinwendung zum Vater. Er betrachtete und beurteilte die Welt und die Vorgänge in ihr im Lichte der Gegenwart Gottes. Unser Denken und unsere Handlungen nehmen uns häufig so in Anspruch, dass wir tagelang ohne an Gott zu denken auskommen.
Wir sollten wie Jesus unsere Gedanken auf Gott hin lenken. Gott ist ja in unserem geistigen Leben, in unserem Denken, Lieben, Wollen und Fühlen immer gegenwärtig. Der Christ sei, heißt es, „Tempel des Heiligen Geistes“. Unsere Hinwendung zu diesem in uns gegenwärtigen Gott im Gebet sollte kontinuierlich sein und nicht nur ausnahmsweise oder nebenbei. Wenn wir ein besonderes Anliegen haben, bräuchte es Ausdauer im Gebet. Zum Beispiel, wenn uns oder unsere Freunde eine Krankheit befällt, wenn wir in Sorge sind um das leibliche oder auch seelische Heil eines Bekannten oder Verwandten. Besonders auch, wenn es um den Glauben und das Gedeihen unserer christlichen Gemeinschaft geht oder auch bei Nachrichten über von Katastrophen betroffene Menschen.

Unser Gebet könnte vielfältig und abwechslungsreich sein.
Neben dem Gebet mit Hilfe vorgegebener Formeln gibt es das reiche Angebot der Psalmen, es gibt das Stillwerden vor Gott ohne viele Worte, das meditative Gebet mit Texten der Bibel, das Gebet vor dem Allerheiligsten oder einfach die Freude vor Gott in der Natur oder vor kostbaren Kunstwerken. Jedem Christen könnte es ein Anliegen sein, neue Wege des Betens zu finden und zu versuchen. Glaubens- und Gebetskurse werden in Klöstern angeboten.

Beten kann man nur, wenn man glaubt. Viele haben den Glauben zurückgestuft und allmählich auch das Gebet aufgegeben. Das Gebet festigt den Glauben, gibt Vertrauen, bewahrt vor Verirrungen und lässt Sinn und Zukunft unserer Existenz aufleuchten. (merli@utanet.at)