Montag, 5. Oktober 2020

 

29. Sonntag im Jahreskreis

 18. 10. 2020

Mt 22, 15-21

In jener Zeit

15kamen die Pharisäer zusammen und beschlossen, Jesus mit einer Frage eine Falle zu stellen.

16Sie veranlassten ihre Jünger, zusammen mit den Anhängern des Herodes zu ihm zu gehen und zu sagen: Meister, wir wissen, dass du immer die Wahrheit sagst und wirklich den Weg Gottes lehrst, ohne auf jemanden Rücksicht zu nehmen; denn du siehst nicht auf die Person.

17Sag uns also: Ist es nach deiner Meinung erlaubt, dem Kaiser Steuern zu zahlen, oder nicht?

18Jesus aber erkannte ihre böse Absicht und sagte: Ihr Heuchler, warum stellt ihr mir eine Falle?

19Zeigt mir die Münze, mit der ihr eure Steuern bezahlt! Da hielten sie ihm einen Denar hin.

20Er fragte sie: Wessen Bild und Aufschrift ist das?

21Sie antworteten: Des Kaisers. Darauf sagte er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!

Gedanken zum Evangelium

Wenn es um die Steuern geht oder gar um ihre Erhöhung, hüten sich die zuständigen Politiker, klare Worte zu gebrauchen. Es wird von „notwendiger Anpassung“, „Gebührenangleichung“, „Mautgebühren“ oder „Gegenfinanzierung“ gesprochen. Dabei werden Pensionssicherung, Krankenkosten, Erhaltung und Ausbau von Straßen oder der Bahn und Ähnliches ins Spiel gebracht. Man will schließlich durch klare Aussagen über beabsichtigte direkte oder indirekte Steuern oder deren Erhöhung nicht die Wähler vergrämen und den politischen Gegnern Munition für Angriffe liefern. Man will sich ja nicht unbeliebt machen.

Die Gegner Jesu legten ihm eine Fangschlinge, sie stellten eine Falle. Sie wollten ihn zu einer klaren Aussage zwingen. Sagt er, die Steuern seien dem Kaiser in Rom zu zahlen, stellt er sich gegen die Interessen des unterdrückten Volkes, und seine Popularität wäre dahin. Sagt er aber, man möge keine Steuern zahlen, kann man ihn bei den Besatzern anschwärzen und damit „aus dem Verkehr“ ziehen lassen.

Jesus lässt sich eine Münze zeigen, auf der die religiösen und politischen Zeichen des Kaisers eingeprägt waren. Die damit bezahlten und handelten, anerkannten offenbar des Kaisers Autorität, was eine Abweichung des Juden von seinem Glauben und von seinem Unabhängigkeitsstreben mit einschloss. Jesus weist mit seiner Gegenfrage auf die Inkonsequenz seiner Gegner hin und schließt den eindeutigen Aufruf an, Gott zu geben, was ihm gehört.

 Was aber gehört Gott, und was gehört ihm nicht? Diese Frage stellt sich auch uns an diesem Sonntag.

Gehört ihm nur der Sonntag und die anderen Tage nicht? Steht es dem Menschen frei, über seinen materiellen Besitz nach Belieben zu verfügen? Darf er seine geistigen Begabungen ohne Verantwortung vor Gott gebrauchen? Ist er der absolute Herr über seinen Körper? Gehört nicht alles, was des Menschen ist, ja er selbst letztlich Gott? Ist der Mensch nicht existentiell von Gott abhängig?

 „Herr, ich bin dein Eigentum, dein ist ja mein Leben“,

heißt es in unserem Lied, das wir beim Gottesdienst singen. Wir sollten die Konsequenzen aus dieser Wahrheit unseres Glaubens genauer überprüfen. Es würde offenbar werden, dass die lautstark propagierte uneingeschränkte „Selbstverwirklichung“ im privaten und öffentlichen Leben eine Verirrung weg vom gläubigen christlichen Denken bedeutet.

Der Jugend- und Gesundheitskult, der an Stelle der religiösen Praxis getreten ist, sollte hinterfragt werden. Die Umweltbewegung könnte durch die Ehrfurcht vor dem Schöpfer belebt und fundiert werden. Die Kinder sind in gläubiger Sicht nicht „machbar“, wenn es einem halt taugt, und die Mittel ihrer Verhinderung oder Beseitigung sind nicht in des Menschen freie Willkür ohne Verantwortung vor dem Herrn des Lebens gelegt. Selbst die Berufswahl und die Entscheidung, eine Familie zu gründen, sind aus der Sicht, dass Gott, dem Herrn, zu geben ist, was ihm gehört, zu überdenken, nicht als zwanghafte Bedrohung, sondern als Wegweisung. Absoluter Freiheitsanspruch führt den Menschen und die Gesellschaft unweigerlich in den Abgrund.

 Zu diesen und noch anderen Überlegungen könnte uns das heutige Evangelium anregen. Die Frage, ob Gott wirklich der Herr unsres Lebens und der Welt ist, erfordert Besinnung und verlangt Entscheidungen. (merli@utanet.at)