Montag, 20. August 2012


22. Sonntag im Jahreskreis 
2. 9. 2012
 
Mk 7,1-8. 14-15. 21-23
1Die Pharisäer und einige Schriftgelehrte, die aus Jerusalem gekommen waren, hielten sich bei Jesus auf.
2Sie sahen, dass einige seiner Jünger ihr Brot mit unreinen, das heißt mit ungewaschenen Händen aßen.
3Die Pharisäer essen nämlich wie alle Juden nur, wenn sie vorher mit einer Hand voll Wasser die Hände gewaschen haben, wie es die Überlieferung der Alten vorschreibt.
4Auch wenn sie vom Markt kommen, essen sie nicht, ohne sich vorher zu waschen. Noch viele andere überlieferte Vorschriften halten sie ein, wie das Abspülen von Bechern, Krügen und Kesseln.
5Die Pharisäer und die Schriftgelehrten fragten ihn also: Warum halten sich deine Jünger nicht an die Überlieferung der Alten, sondern essen ihr Brot mit unreinen Händen?
6Er antwortete ihnen: Der Prophet Jesaja hatte Recht mit dem, was er über euch Heuchler sagte: Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir.
7Es ist sinnlos, wie sie mich verehren; was sie lehren, sind Satzungen von Menschen.
8Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet euch an die Überlieferung der Menschen.
14Dann rief er die Leute wieder zu sich und sagte: Hört mir alle zu und begreift, was ich sage:
15Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein.
21Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord,
22Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft.
23All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein.

Gedanken zum Evangelium

Die Reinheitsvorschriften der Juden galten ursprünglich nur für die im heiligen Dienst Stehenden, also für Priester und Leviten. Sie wurden allmählich auf das ganze Volk ausgedehnt und erweitert. Die peinlich genaue Befolgung dieser Vorschriften war den Pharisäern ein besonderes Anliegen. Das Volk konnte sich im Alltagsleben gar nicht daran halten und wurde deshalb von den „Gesetzestreuen“ weitgehend verachtet. Auch Jesus und seinen Jüngern machten die Pharisäer Vorwürfe.
Dabei haben sie durch manche Spitzfindigkeiten die wichtigen Gebote zu umgehen gewusst. Zum Beispiel das Gebot der Elternliebe: Wenn man etwas, das den Eltern gebührte, als Opfergabe für den Tempel deklarierte, dann konnte man es den Eltern vorenthalten.
Auf solche Ungereimtheiten in der religiösen Praxis verweist Jesus. Seine Einstellung ist klar. Es geht um das Wesentliche, es geht um das Herz, um das Zentrum der Persönlichkeit, um das redliche Gewissen, um die Liebe zu Gott und zu den Menschen.

Auch heute gibt es divergierende Haltungen: Die einen halten sich streng an die Vorschriften und meinen, dadurch sei der „Himmel“ zu erkaufen. Sie verachten dabei gelegentlich diejenigen, die eine strenge Lebensführung nach den Vorschriften der Gesetze nicht für so wichtig erachten. Die anderen legen auf Normen überhaupt keinen Wert und konzentrieren sich nur auf Wesentliches, wie sie sagen. Sie lehnen die „Gesetzesgerechtigkeit“ ab und leben nach eigenem Gutdünken.
Beide Haltungen bergen in sich die Gefahr, mit dem Bad das Kind auszugießen.
Jesus achtet die religiösen Vorschriften, aber er legt wesentlichen Wert auf die Liebe, die hinter allen Vorschriften und Normen stehen muss. Diese Haltung ist auch uns aufgetragen.

Es gibt den Spruch: „Aufs Herz kommt es an.“ Auch Jesus weist auf die Gesinnungen des Herzens hin. Diese sollten wir überprüfen:
Wie denke ich über die Mitmenschen? Ist meine Rede über sie lieblos? Beteilige ich mich am Getratsche? Was vergönne ich ihnen? Wie steht es mit meiner Hilfsbereitschaft? Begegne ich den Mitmenschen mit Rücksicht und Wohlwollen? Bin ich im Grunde ein Egoist? Was trage ich alles in meinem Herzen an Gift der Missgunst und Heuchelei? Wie stehe ich zu Gott? Was alles ist mir wichtiger als seine Worte oder die Erfüllung seiner Gebote? Ziehe ich dem Gottesdienst Zweitrangiges vor?

Die Gewissenserforschung bleibt uns als Christen nicht erspart.

Jesus zählt in einem „Lasterkatalog“ auf, welche Giftschlangen sich im Herzen einnisten und dann die Liebe bedrohen können.
Es gibt Christen, die behaupten, keine Sünden zu haben. Es bestehe daher für sie auch keine Notwendigkeit zur Bekehrung oder zur Beichte.

Es täte allen gut, einmal diese Aufzählung der Verirrungen im Herzen zu studieren und eine solide Überprüfung vorzunehmen.
Wir kämen vielleicht darauf, dass unser Gewissen eingeschlafen ist. Es wäre eine neue Gewissensbildung erforderlich, um wieder zu entdecken, wie unbemerkt sich Krankheiten im Herzen eingenistet haben.
Jesus zählt sie auf: „Böse Gedanken, Unzucht (Unordnung im Sexualbereich), Diebstahl (Betrug eingeschlossen), Mord (man kann auch das Leben bedrohen, indem man es anderen zur Hölle macht), Ehebruch (auch in Gedanken, wie Jesus an anderer Stelle meint), Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut, Unvernunft.“ Es muss schon einer eine Binde vor den Augen haben, wenn er nichts von all dem in seinem Herzen findet.

Es sollte das ernste Bestreben jedes Christen sein, sein Herz immer mehr von negativen Gesinnungen zu befreien und es zunehmend von der Liebe zu Gott und zu den Menschen leiten zu lassen. (merli@utanet.at)

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23. Sonntag im Jahreskreis
9. 9. 2012
 
Mk 7, 31-37
31Jesus verließ das Gebiet von Tyrus wieder und kam über Sidon an den See von Galiläa, mitten in das Gebiet der Dekapolis.
32Da brachte man einen Taubstummen zu Jesus und bat ihn, er möge ihn berühren.
33Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel;
34danach blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu dem Taubstummen: Effata!, das heißt: Öffne dich!
35Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit, und er konnte richtig reden.
36Jesus verbot ihnen, jemand davon zu erzählen. Doch je mehr er es ihnen verbot, desto mehr machten sie es bekannt.
37Außer sich vor Staunen sagten sie: Er hat alles gut gemacht; er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen.

Gedanken zum Evangelium

Wer nicht hören und reden kann, ist in der Gesellschaft isoliert. Mit einem Taubstummen zu kommunizieren, ist mühsam. Er selbst zieht sich immer mehr zurück, weil er vieles vom Geschehen um sich herum nicht mitbekommt. Die Isolation eines Menschen kann viele Gründe haben. Es gibt die verschiedensten Formen des Taub- und Stummseins.

Die Isolation aufgrund körperlicher Gebrechen:
Taubheit, Sehbehinderung, Sprachhemmungen, körperliche Behinderungen jeder Art.
Christen sind berufen, im Namen Jesu und gemäß seinem Beispiel bei ihren Mitmenschen Erleichterung und Heilung zu bewirken. Die rücksichtsvolle Zuwendung gerade den Behinderten gegenüber ist selbstverständliche Liebespflicht der Gesunden. Jesus wirkt heute ermutigend, stärkend, heilend durch uns.

Es gibt die psychische Isolierung:
Seelische Krankheiten, Hemmungen, die durch Kindheitserlebnisse verursacht sind, Angstzustände, Beziehungsunfähigkeit, Einsamkeitsgefühl usw. Nicht wenige Menschen leiden an dieser seelisch bedingten Isolation.
Auch in solchen Situationen besteht die Aufgabe der „Gesunden“, den „Kranken“ mitfühlend, rücksichtsvoll und geduldig zu begegnen. Wenn schon keine Heilung möglich ist, besteht doch die Hoffnung, dass liebende Zuwendung immer Erleichterung bringt und Lebensmut weckt.
Jesus will durch uns auch denen Zuversicht geben, die an seelischen Hemmungen leiden, verzagt sind und sich alleingelassen fühlen.

3. Isolierung kann auch im Religionsverlust bestehen.
Wer sein Hören und Sprechen zu Gott hin verloren hat, der befindet sich in der ärgsten Isolation. Seine Beziehungen entbehren einer Tiefe, nach der er sich sehnt. Ohne diese Beziehung zu Gott fühlt sich der Mensch auch dann verlassen, wenn er noch so viele scheinbar bedeutende Kontakte pflegt, ständig umschwärmt wird und ein hektisches gesellschaftliches Leben führt. Nicht selten fühlt sich ein solcher Mensch in seinen stillen Stunden einsam, erkennt die Oberflächlichkeit seiner Beziehungen und die Leere seines nur scheinbar ausgefüllten Lebens.

Das Ich des Menschen findet seine Entfaltung im Du. Je wertvoller dieses Du ist, umso beglückender diese seine Entfaltung. Lebensfreude, Beglückung, Geborgenheit und letztlich Heilung findet der Mensch in reichstem Maße in der Beziehung zu Gott.

Daher besteht die Heilung aus der Isolation des Unglaubens auch in der Hinführung zu einem religiösen Leben. Wir Christen können durch nichts mehr Heilung und Befreiung auf breiter Basis bewirken, als durch die Förderung des Glaubens im Gespräch und vor allem durch unser Beispiel. Wer einem Mitmenschen wohlgesinnt ist, kann ihm nichts Besseres schenken als den Glauben. Taubheit und Stummsein gegenüber Gott sind die größten Übel, Heilung von dieser Krankheit der Gottferne ein großes Geschenk.

Jesus will gewiss, dass wir uns an diesem Heilungsprozess der Welt, den er selbst eingeleitet hat und trägt, beteiligen. Wir sind Ärzte für die Tauben und Stummen jeder Art in unseren Tagen.

Auch wir selbst können in unseren körperlichen und seelischen Gebrechen dankbar auf die sorgende Liebe Jesu vertrauen. Wir sollten diejenigen hochschätzen und unterstützen, die ihren behinderten und leidenden Mitmenschen berufsmäßig oder auch ohne Bezahlung zur Seite stehen. (merli@utanet.at)