Christkönigssonntag
22. 11. 2015
Joh 18, 33b-37
33bPilatus ließ Jesus rufen und fragte ihn: Bist du der König der Juden?
34Jesus antwortete: Sagst du das von dir aus, oder haben es dir andere über
mich gesagt?
35Pilatus entgegnete: Bin ich denn ein Jude? Dein eigenes Volk und die
Hohepriester haben dich an mich ausgeliefert. Was hast du getan?
36Jesus antwortete: Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn es von
dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht
ausgeliefert würde. Aber mein Königtum ist nicht von hier.
37Pilatus sagte zu ihm: Also bist du doch ein König? Jesus antwortete: Du
sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt
gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit
ist, hört auf meine Stimme.
Gedanken zum Evangelium
Am letzten Sonntag des
Kirchenjahres feiern wir das Christkönigsfest. In der Zeit der Republiken
herrschen Könige nur mehr eingeschränkt oder nehmen bloß noch repräsentative
Aufgaben wahr. Früher waren Könige Alleinherrscher und besaßen fast
uneingeschränkte Macht über ihr Gebiet und auch über die Menschen. Die Antwort
auf die Frage des Pilatus konnte vor diesem Hintergrund gefährlich sein, wurde
doch gefordert, überall im Römischen Reich die Macht des Kaisers
uneingeschränkt anzuerkennen.
„Bist du der König der Juden?“
Die Juden erwarteten zur Zeit
Jesu einen Messias als politischen Befreier. Sie dachten in den Kategorien des
Alten Testamentes: Kampf gegen die Besatzung, Sieg über die Feinde, neue
politische Unabhängigkeit, ein neues israelitisches Reich waren die gängigen
Erwartungen, die durch den Messias erfüllt werden sollten.
Die Heilsverheißungen als Rettung
aus der Sünde durch einen ganz gottergebenen Propheten waren bei vielen Juden
nur im Zusammenhang mit der Errichtung eines neuen Königreiches vorstellbar.
Man wollte Jesus ja auch nach eindrucksvollen Wundertaten zum König machen. Er
aber entzog sich immer diesem Ansinnen.
Auch in der Kirche gab es
vielfach ein ähnliches Denken. Mit den Mitteln der Macht suchte man die
Königsherrschaft Gottes aufzurichten. Auch heute bauen wir nicht ungern auf
Einfluss und Machtpositionen, um unsere pastoralen Aufgaben besser und leichter
erfüllen zu können. Wir sind gerne bereit, den Beistand Reicher anzunehmen und
den Mächtigen in Politik und Wirtschaft manches nachzusehen, wenn sie unsere
sicherlich redlichen seelsorglichen Anliegen und Aufgaben finanziell
unterstützen.
Kirchliche Amtsträger könnten
sich fragen: Wollen wir nicht auch Macht, Einfluss, wollen wir nicht ein wenig
herrschen oder die Menschen beherrschen? Träumen manche nicht wie die Moslems von einem
Gottesstaat? Müssen sie nicht umdenken?
„Mein Königtum ist nicht von
dieser Welt.“
Jesus weigerte sich immer, die
Menschen auf billige Weise zu gewinnen. Von der Versuchungserzählung angefangen
über das wiederholte Bestreben, ihn zum König auszurufen, bis zum Hosanna des
Palmsonntages zieht sich seine Ablehnung weltlicher Macht und Gewalt durch sein
ganzes Leben. Er will seinen Mitmenschen dienen, sie überzeugen, sie bekehren,
so dass sie aus eigener Entscheidung seinen Weg wagen, ihm nachfolgen und
gerettet werden. Er verkörpert die Herrschaft Gottes in der Dimension des
Ewigen, wo die Liebe alles trägt.
„Ich bin dazu geboren und dazu
in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege.“
Es geht um die Wahrheit gegen
jede Lüge, jede Heuchelei, jede Verdrehung der Normen Gottes, gegen jede
falsche Sicht des Lebens. Der Teufel, der „Lügner von Anbeginn“, gaukelt den
Menschen ein Scheinglück vor, er verführt zu verkehrtem Denken und Handeln.
Auch heute lehren zahlreiche
Lügenpropheten, das letzte Glück bestehe im Genießen, in der dicken
Brieftasche, in glänzenden beruflichen Positionen, in Wohlstand und Gesundheit
allein. Man müsse sich nicht zu Gott bekehren, ihn nicht verehren, man könne
Gott aus dem täglichen Leben überhaupt entfernen, ja es gäbe ihn ja gar nicht.
So wachsen die von religionslosen Filmen gefütterten Kinder in einer gottfernen
Welt auf. Viele Erwachsene leben ohne sichtbaren Gottesbezug, die Gesellschaft
tanzt immer hektischer um goldene Kälber oder auch Ochsen. Die Frage über das
Woher und Wohin und über den Sinn wird nicht gestellt. Was mir passt, das muss
die Wahrheit sein, denken viele.
Wir Christen sollten am
Christkönigsfest wieder auf Jesus schauen. An seinem Leben und an seinem Wort
kann jeder die Wahrheit über Gott und die Welt, über den Sinn des Lebens und
über seine wahre Zukunft ersehen.
„Jeder, der aus der Wahrheit
ist, hört auf meine Stimme.“
Wir befinden uns in der Gefahr,
im lauten Getöse der Lebensgier, von der wir umgeben sind, die Stimme Jesu zu
überhören. Die Notwendigkeit der Bekehrung und der Erneuerung unserer Beziehung
zu Jesus steht als Aufruf vor unserem Gewissen. Wir können einen sicheren Weg
gehen, wenn wir die Wahrheit, die uns Gott in Jesus mitteilt, hören und danach
zu leben versuchen. Wir können die trügerischen Leitbilder unserer Zeit
abwehren und in der Wahrheit Gottes leben.
Auf dem Weg, den uns Jesus zeigt,
sollen wir auch für andere Zeugen der Wahrheit sein. Wir sind berufen,
mitzubauen am Reich Gottes, das kommen soll. Es ist „das Reich der Wahrheit und
des Lebens, das Reich der Heiligkeit und der Gnade, das Reich der
Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens“ (Präfation des Christkönigsfestes).
Wir
beten: „Dein Reich komme!“
(merli,@utanet.at)