Dienstag, 22. Mai 2018


9. Sonntag im Jahreskreis

 3. 6. 2018

Mk 2, 23 - 3, 6
23An einem Sabbat ging Jesus durch die Kornfelder, und unterwegs rissen seine Jünger Ähren ab.
24Da sagten die Pharisäer zu ihm: Sieh dir an, was sie tun! Das ist doch am Sabbat verboten.
25Er antwortete: Habt ihr nie gelesen, was David getan hat, als er und seine Begleiter hungrig waren und nichts zu essen hatten
26- wie er zur Zeit des Hohenpriesters Abjatar in das Haus Gottes ging und die heiligen Brote aß, die außer den Priestern niemand essen darf, und auch seinen Begleitern davon gab?
27Und Jesus fügte hinzu: Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat.
28Deshalb ist der Menschensohn Herr auch über den Sabbat.
1Als er ein andermal in eine Synagoge ging, saß dort ein Mann, dessen Hand verdorrt war.
2Und sie gaben Acht, ob Jesus ihn am Sabbat heilen werde; sie suchten nämlich einen Grund zur Anklage gegen ihn.
3Da sagte er zu dem Mann mit der verdorrten Hand: Steh auf und stell dich in die Mitte!
4Und zu den anderen sagte er: Was ist am Sabbat erlaubt: Gutes zu tun oder Böses, ein Leben zu retten oder es zu vernichten? Sie aber schwiegen.
5Und er sah sie der Reihe nach an, voll Zorn und Trauer über ihr verstocktes Herz, und sagte zu dem Mann: Streck deine Hand aus! Er streckte sie aus, und seine Hand war wieder gesund.
6Da gingen die Pharisäer hinaus und fassten zusammen mit den Anhängern des Herodes den Beschluss, Jesus umzubringen.

Gedanken zum Evangelium

In der Auseinandersetzung mit den Pharisäern geht es im heutigen Evangelium um die Art und Weise, wie der Sabbat geheiligt werden muss, letztlich um die Frage: Wozu ist der Sabbat da? Darüber hinaus auch um die Verpflichtung von religiösen Vorschriften im Allgemeinen. Weil Jesus und seine Jünger die pharisäisch ausgeklügelten Normen der Sabbatheiligung nicht beachten, wird er angegriffen. Er beruft sich gegen die Vertreter selbstgebastelter scheinbar zur Ehre Gottes errichteter religiöser Normen, auf den ursprünglichen Sinn aller Gebote in der Schrift und spricht dabei in eigener Autorität.

„Der Sabbat ist für den Menschen da.“
Nicht Gott braucht die Verehrung am heiligen Sabbat. Es geht um des Menschen Heil, der durch die Gottesverehrung selbst die richtige Lebensrichtung erfährt. Wer sich seinem Gott zuwendet, der wird davon geprägt und entrinnt der Gefahr, sich ganz in Hoffnungslosigkeit und Sinnlosigkeit zu verlieren. Der Mensch, der richtig Mensch sein und bleiben will, hat die Heiligung des Herrentages notwendig.
Der Pharisäer meint, er müsse sich durch die Einhaltung kleinster Zusatzgebote letztlich selbst erlösen. Er fühlt sich nicht mehr erlösungsbedürftig und agiert nicht selten hart gegen jene, die seine Gebotsauffassungen nicht teilen.
Der an Jesu Haltung orientierte Christ weiß jedoch, dass er sein Heil nicht selber erwirken kann, weil er schwach bleibt und auch dann, wenn er sich um ein rechtes Leben bemüht, letztlich durch Gottes Erbarmen und durch die stellvertretende Hingabe Jesu sein Heil als Geschenk empfangen wird.

„Was ist am Sabbat erlaubt: Gutes zu tun oder Böses ...?“
Der Sinn aller Gebote ist die Verwirklichung der Liebe. Die Gottesliebe ohne die Menschenliebe ist eine Selbsttäuschung. Wenn das Sabbatgebot dazu dient, sich den Menschen und ihren Nöten zu entziehen, diese in ihrer Not und Isolierung zu belassen, ist es falsch verstanden. Unmenschliche Normen können nie Gottes Wille sein. Menschliche Gesetze, auch kirchliche, sind immer vor der obersten Norm christlichen Lebens, der Liebe, zu prüfen.
Dies bedeutet auch eine gewisse Freiheit des Gewissens gegenüber weltlichen oder kirchlichen Vorschriften. Das kann jedoch nicht als Freibrief für moralische Willkür gegen alle Gesetze der christlichen Gemeinschaft dienen. Kein Gebot Gottes wird aufgehoben und wir benötigen Normen des Zusammenlebens. Der Christ wird immer bemüht sein, die notwendige Ehrfurcht vor Gott und die religiösen Vorschriften mit der Liebe zu seinen Mitmenschen zu verbinden. „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“

„...und fassten den Beschluss, Jesus umzubringen.“
In fast allen Religionen gibt es bis heute Scharfmacher, die meinen, Gottes Ehre mit Gewalt und Todesdrohung durchsetzen zu müssen. Die steigende Zahl der Terroropfer aus religiösen Gründen gibt Zeugnis davon. Auch in der Geschichte des Christentums gab es Zeiten, in denen die Verweigerung der Gottesverehrung und abweichende Gedanken gefährlich waren. Die Gewissensfreiheit im heutigen Sinn hat sich nur langsam durchgesetzt. Die Jünger Jesu orientieren sich an ihrem Meister. Seine Gedanken sollen immer mehr in unser Denken einfließen. Wenn auch die Ehre Gottes nicht leichtfertig gemindert werden darf, weil sonst der Mensch rein diesseitig zu denken beginnt, gilt es trotzdem immer zu fragen, wie hätte Jesus gehandelt? Christen müssen in ihrem religiösen Leben immer auch den Menschen zugewandt bleiben. Sie werden sich dazu auch dann freimütig bekennen, wenn sie dafür bei Mitmenschen oder bei den berufenen Amtsträgern auf Unverständnis stoßen.

Der Sabbat ist für den Menschen da und nicht der Mensch für den Sabbat. Dieser Grundsatz kann ausgeweitet werden: Die Gebote sind für den Menschen da und nicht der Mensch für die Gebote.  (merlipfad@utanet.at)