Biblische Berichte hinterfragt
Juli 2019
Viele Jahrhunderte hindurch dachte man, die Bibelberichte
schilderten immer wörtlich zu nehmende tatsächliche Ereignisse. Erzkonservative
Prediger halten bis heute an der wörtlichen Auslegung der Bibeltexte fest. Dies
irritiert manche Christen angesichts der heute selbstverständlichen
Erkenntnisse über die Entstehung des Sonnensystems, unserer Erde und über das Werden des Menschen. Verschiedene
biblische Berichte können daher Fragen aufwerfen und Zweifel bewirken.
Im 20. Jahrhundert gab es zunehmend Bibelwissenschaftler,
die eine neue Richtung der Textauslegung wiesen. Sie setzten die Berichte in
die Zeit ihrer Entstehung, bedachten die damaligen naturwissenschaftlichen
Vorstellungen und die Mentalität der Autoren. Man nennt diese Vorgangsweise der
Bibelinterpretation „historisch-kritische
Methode“.
Eine weitere Feststellung der modernen Bibelkunde ist die Unterscheidung
verschiedener „literarischer Gattungen“ in der Bibel. Solche sind zum Beispiel legendenartige
Erzählungen, Gedichte, Hymnen, Gleichnisse, Prophezeiungen, Gesetze und
Apokalypsen oder auch historische Berichte.
Man überlegte: Was war die „Aussageabsicht“ der Verfasser, worauf legten sie besonderen Wert?
Man erkannte: Die Bibel ist kein naturwissenschaftliches Lehrbuch, sondern ein
Glaubensbuch. Für damaligen Erzähler stand
die Genauigkeit der Berichte nicht im Vordergrund, wichtig waren ihnen
die Glaubensinhalte. Die Bibelwissenschaft forscht daher heute nach der Glaubensaussage eines Textes, also nach
dem für den Glauben relevanten Inhalt.
Es soll diese neue
Bibelauslegung an zwei Beispielen kurz erläutert werden:
1. Die Erschaffung
der Welt in sechs Tagen. Es handelt sich dabei um einen Hymnus auf die
Erschaffung der Welt durch Gott. Gott ist der Urheber des Universums. Alles,
was existiert, ist durch Gottes Wirken geworden. Man könnte sagen: Gott hat
alles werden lassen und es existiert nichts, das nicht von Gott stammt. Alte
Schöpfungsberichte und damalige Vorstellungen über die Welt fließen in den
Bibeltext ein.
2. Die
Sintflut. Es gibt mehrere uralte Flutberichte. Der biblische Erzähler kennt
die damalige Vorstellung von der Erde: Auf der festen Erdplatte und darunter gab
es die unteren Wasser. Darüber wölbte sich der Himmel, darüber waren die oberen
Wasser. Diese Trennung zerbrach bei der Sintflut und das Wasser bedeckte die
ganze Erdscheibe. Soweit die naturwissenschaftliche Vorstellung jener Zeit.
Die Glaubensaussage kurz gefasst: Der Gerechte wird durch Gottes
Eingreifen gerettet, der Untreue geht zugrunde.
Der Bibelwissenschaftler hat die Aufgabe, die einzelnen
Gattungen der Texte zu unterscheiden und den theologischen Gehalt
herauszuarbeiten. Wer sich damit näher befassen will, kann Kommentare zur Bibel
studieren. Hier sollte nur einiges angedeutet sein um aufzuzeigen, dass der wesentliche
Wahrheitsgehalt der Bibel nicht angezweifelt werden muss.
AM