Sonntag, 6. Februar 2022

 6. Sonntag im Jahreskreis 

13. 2. 2022

Lk 6, 17.20-26

In jener Zeit

17stieg Jesus mit seinen Jüngern den Berg hinab. In der Ebene blieb er mit einer großen Schar seiner Jünger stehen, und viele Menschen aus ganz Judäa und Jerusalem und dem Küstengebiet von Tyrus und Sidon strömten herbei.

20Jesus richtete seine Augen auf seine Jünger und sagte: Selig, ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes.

21Selig, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet satt werden. Selig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen.

22Selig seid ihr, wenn euch die Menschen hassen und aus ihrer Gemeinschaft ausschließen, wenn sie euch beschimpfen und euch in Verruf bringen um des Menschensohnes willen.

23Freut euch und jauchzt an jenem Tag; euer Lohn im Himmel wird groß sein. Denn ebenso haben es ihre Väter mit den Propheten gemacht.

24Aber weh euch, die ihr reich seid; denn ihr habt keinen Trost mehr zu erwarten.

25Weh euch, die ihr jetzt satt seid; denn ihr werdet hungern. Weh euch, die ihr jetzt lacht; denn ihr werdet klagen und weinen.

26Weh euch, wenn euch alle Menschen loben; denn ebenso haben es ihre Väter mit den falschen Propheten gemacht.

Gedanken zum Evangelium

 Zuerst wird von Lukas die Situation dargestellt: Viele strömen zu Jesus, um seine Worte zu hören und von den Krankheiten befreit zu werden. Nach der Berufung der Zwölf finden wir auch viele andere Jünger und Jüngerinnen an seiner Seite. Dann folgen die Seligpreisungen und die Wehrufe. Diese literarische Gattung findet sich auch im Alten Testament und in der antiken Literatur.

 Viele Menschen strömten herbei.

Wieder erhebt sich die Frage, wo die Ursachen der abflauenden Religiosität in unseren Ländern liegen. Besonders das Fehlen der Jüngeren bei den sonntäglichen Gottesdiensten fällt auf. Alle Christen, die ihren Glauben ernst nehmen, Priester und Laien, sollten dieses Problem der Glaubensverdünnung prüfen.

Könnten nicht neue, ungewöhnliche Arten der Messfeiern und der Gestaltung von Glaubensfesten, überhaupt des religiösen Lebens, versucht werden? Alle verantwortungsbewussten Christen sind gefordert, ihre Ideen und Vorschläge einzubringen, wie ein geisterfüllter Schwung in unser christliches Leben in den Familien und in den Pfarrgemeinden gebracht werden kann.

 Die vier Seligpreisungen

Den Armen, Leidenden, Ausgegrenzten und den um ihres Glaubens willen Verfolgten wird die Nähe Gottes zugesagt. Es gibt den gerechten Ausgleich. Gott lässt die Verachteten und Benachteiligten nicht im Stich.

Diese Zuwendung wird auch im Wirken Jesu sichtbar, der die Kranken heilt und bei den Armen zu finden ist. Es ist also keine ausgemachte Sache, dass die Kranken und Armen, die Gequälten und Verfolgten die Bedauernswertesten bleiben werden.

 Entsprechend den Worten und den Taten Jesu sind auch wir berufen, in Gottes Namen den hier Seliggepriesenen zur Seite zu stehen. Gott gebraucht in dieser Welt unsere Hände und unsere Herzen, durch die den Menschen seine Liebe zufließt, sie geheilt und getröstet werden.

 Die Wehrufe

Sie entsprechen den Seligpreisungen, sind gleichsam ihre negativen Spiegelbilder. Heute bauen wir auf Wirtschaftswachstum, Einkommens- und Vermögensvermehrung. Den Wohlstand zu mehren ist das Anliegen der Politik. Mit dem Versprechen von Vermehrung materieller Güter für alle werben die politischen Parteien. Lohnerhöhungen, bessere Renten, Steuersenkung stehen im Mittelpunkt der Verheißungen von Glück.

Die Wehrufe sind Warnungen, nicht so gedankenlos auf diese Wohlstandswerte zu bauen. Eine Zeit lang geht dies vielleicht gut. Doch bröckelt die Gesundheit, die Inflationsangst beschleicht die Geldmenschen, Aktienbesitzer stehen unter Dauerstress, wenn sie negative Wirtschaftsdaten vernehmen. Vor allem wird es am Sterbetag mit der scheinbaren Sicherheit, die auf Reichtum gründet, zu Ende sein.

So werden die Wehrufe zu Aufrufen, sich Gott zuzuwenden und seinen Wohlstand mit anderen zu teilen. Es geht nicht um endgültige Verdammung der Reichen, Lachenden, Wohlhabenden, sondern um einen Aufruf zur Besinnung und zur Vorsicht, damit Reichtum und Wohlstand nicht zur reinen Diesseitigkeit führen und den Blick auf höhere Werte verdunkeln, den Weg zu Gott und zur Nächstenliebe versperren.

 Das Evangelium ist auch an diesem Sonntag wieder Wegweisung zu einem vom Geist Gottes geleiteten Denken und zu einem christlichen Leben in der Nachfolge Jesu.  (merli@utanet.at)

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7. Sonntag im Jahreskreis

 20. 2. 2022

Lk 6, 27-38

27Euch, die ihr mir zuhört, sage ich: Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen.

28Segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch misshandeln.

29Dem, der dich auf die eine Wange schlägt, halt auch die andere hin, und dem, der dir den Mantel wegnimmt, lass auch das Hemd.

30Gib jedem, der dich bittet; und wenn dir jemand etwas wegnimmt, verlang es nicht zurück.

31Was ihr von anderen erwartet, das tut ebenso auch ihnen.

32Wenn ihr nur die liebt, die euch lieben, welchen Dank erwartet ihr dafür? Auch die Sünder lieben die, von denen sie geliebt werden.

33Und wenn ihr nur denen Gutes tut, die euch Gutes tun, welchen Dank erwartet ihr dafür? Das tun auch die Sünder.

34Und wenn ihr nur denen etwas leiht, von denen ihr es zurückzubekommen hofft, welchen Dank erwartet ihr dafür? Auch die Sünder leihen Sündern in der Hoffnung, alles zurückzubekommen.

35Ihr aber sollt eure Feinde lieben und sollt Gutes tun und leihen, auch wo ihr nichts dafür erhoffen könnt. Dann wird euer Lohn groß sein, und ihr werdet Söhne des Höchsten sein; denn auch er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen.

36Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist!

37Richtet nicht, dann werdet auch ihr nicht gerichtet werden. Verurteilt nicht, dann werdet auch ihr nicht verurteilt werden. Erlasst einander die Schuld, dann wird auch euch die Schuld erlassen werden.

38Gebt, dann wird auch euch gegeben werden. In reichem, vollem, gehäuftem, überfließendem Maß wird man euch beschenken; denn nach dem Maß, mit dem ihr messt und zuteilt, wird auch euch zugeteilt werden.

Gedanken zum Evangelium

 Wir befinden uns in einer Gesellschaft, in der auch unter Gutgesinnten das Gerechtigkeitsdenken vorherrscht. Auch bei Christen steht der Grundsatz fest: Almosen ja, aber nur, wenn es jemand verdient, wenn Spenden nicht missbraucht werden. Im Übrigen tun wir uns auch schwer, denen zu vergeben, die es offensichtlich nicht verdienen. Dann heißt es: Ich habe nichts gegen ihn, ich grüße ihn und wenn er in Not wäre, würde ich ihm beistehen, aber sonst will ich mit ihm nichts mehr zu tun haben. In radikalem Gegensatz dazu steht das Wort Jesu an seine Jünger.

 Der Kern des heutigen Evangeliums ist die Feindesliebe.

An Beispielen wird aufgezeigt, was christliche Liebe bedeutet: Feinde, die hassen, verfluchen, misshandeln und berauben, sollen keine Vergeltung für die Übel, die sie uns zufügen, sondern Wohltaten erfahren. Kategorien wie Rache, Heimzahlen und Vergeltung des erlittenen Unrechts haben beim Jünger Jesu keinen Platz. Dies verlangt eine totale Umkehrung des Gerechtigkeitsdenkens und führt zu einer neuen Dimension des Zusammenlebens.

 

Weitere Beispiele erläutern die geforderte Feindesliebe:

Wer unsere Hilfe benötigt, soll sie erhalten; auch dann soll der Christ wohltätig sein, wenn keine Aussicht auf Dankbarkeit oder Rückerstattung besteht.

 Der Jünger Jesu soll nicht richten und verurteilen.

Er soll das Gericht Gott überlassen. Die positiv formulierte goldene Regel „Was ihr von anderen erwartet, das tut auch ihnen“, gibt zu bedenken, dass auch wir Hilfe, Beistand, Barmherzigkeit, Vergebung und Versöhnung brauchen, sowohl von den Menschen, als auch besonders von Gott. Außerdem wird der Ausgleich von Seiten Gottes als Lohn für diese Gesinnung verheißen.

Diesseitiges Unrecht hat keinen Ewigkeitsbestand, jetzt erlittene Ungerechtigkeit kann die Liebe nicht verhindern und das Lebensglück nicht zerstören. Ganz im Gegenteil, die Erduldung von Unrecht führt mehr in die Liebe Gottes hinein und trägt zur Bekehrung und Versöhnung unter den Menschen bei. Feindesliebe ist der Ernstfall des christlichen Glaubens, dass die Liebe letztlich Hass und Feindschaft überwinden wird.

 Diese Aufforderung Jesu in dieser von Lukas zusammengefassten Feldrede an seine Jünger erfordert von uns ein Umdenken.

Dies mag nicht einfach sein, doch sollten wir ein Leben lang daran arbeiten. Jesus ist darin unser Vorbild. Er propagiert nicht nur diese Gesinnungen, seine Lehre findet ihre Erfüllung in der Hingabe an die Menschen bis in den Tod. Sein Leben nach diesen Worten und sein Sterben aus dieser Gesinnung der Nächsten- und Feindesliebe führen ihn letztlich zur Verherrlichung durch Gott.

 Diese Verheißung gilt auch für uns, sie weist uns den Weg und ist unsere Hoffnung. (merli@utanet.at)