Freitag, 1. April 2022

 

5. Fastensonntag

3. 4. 2021 

 Jo 8, 1-11

In jener Zeit 

1ging Jesus zum Ölberg.

2Am frühen Morgen begab er sich wieder in den Tempel. Alles Volk kam zu ihm. Er setzte sich und lehrte es.

3Da brachten die Schriftgelehrten und die Pharisäer eine Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte

4und sagten zu ihm: Meister, diese Frau wurde beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt.

5Mose hat uns im Gesetz vorgeschrieben, solche Frauen zu steinigen. Nun, was sagst du?

6Mit dieser Frage wollten sie ihn auf die Probe stellen, um einen Grund zu haben, ihn zu verklagen. Jesus aber bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde.

7Als sie hartnäckig weiterfragten, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie.

8Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde.

9Als sie seine Antwort gehört hatten, ging einer nach dem anderen fort, zuerst die Ältesten. Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die noch in der Mitte stand.

10Er richtete sich auf und sagte zu ihr: Frau, wo sind sie geblieben? Hat dich keiner verurteilt?

11Sie antwortete: Keiner, Herr. Da sagte Jesus zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!

 Gedanken zum Evangelium

 Das Volk kommt zu Jesus und findet ihn im Gotteshaus.

Die Frohbotschaft geht häufig an dem vorbei, der Jesus und seine Gemeinschaft meidet. Dafür gibt es mehrere Ursachen: Das Desinteresse kann in einem geschwächten Glauben begründet sein. Hinzu kommt die Überbewertung von „Wichtigkeiten“ des täglichen Lebens. Bei unserer Überflussgesellschaft stehen oft Flüchtiges, Nebensächliches und Wertloses im Vordergrund. Die lautstarke Informationsflut lässt wenig Zeit zum Nachdenken und für das Herausfiltern des Wichtigen aus dem Belanglosen. Das persönliche genauso wie das öffentliche Leben wird immer weniger vom christlichen Glauben geprägt. Daher vegetieren viele Christen zunehmend am Rand des kirchlichen Geschehens dahin und finden immer seltener zu einer intensiven Begegnung mit Jesus.

Die aber seine Nähe in Treue suchen, hören regelmäßig sein Wort und erfahren eine verlässliche Wegweisung in eine für sie hoffnungsvolle Zukunft.

 „Nun, was sagst du?“

Die scheinheiligen Fallensteller sind wieder einmal am Werk. Ihnen geht es nicht um die Wahrheit. Sie wollen gar nicht wissen, was richtig oder falsch ist, sie stellen einfach eine Frage, um zu verwirren und aburteilen zu können.

Viele Angriffe auf die Kirche werden nach dem gleichen Muster geführt. Die Sensationspresse veröffentlicht gierig Skandale, ohne die Wahrheit wissen zu wollen. Es geht häufig nur um die Sensation, um die Steigerung der Auflagen.

Das heißt nicht, dass man den Mist unter den Teppich kehren soll.

Doch wird der gläubige Christ, dem seine Gemeinschaft ein Anliegen ist, voll Mitgefühl und Wohlwollen nach der Wahrheit fragen und versuchen, in seiner Umgebung die Missstände in Liebe zu beseitigen. Nörgelei, Verdammung und Hohn sind keine Eigenschaften, die verantwortungsbewusste Christen in sich und um sich dulden.

 „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie.“

Das Sündenbewusstsein vieler „Gerechten“ hängt an einem alten Schema: Vernachlässigung des Gottesdienstes und der Gebete, Unkeuschheit, Lüge, usw., also die Sünden stehen im Blickpunkt. Liebe, Barmherzigkeit, Mitgefühl, selbstloser Einsatz, wohlwollende Hilfsbereitschaft, Bekehrungsbereitschaft und Ähnliches zählen wenig. Wer die Gebote erfüllt, fühlt sich häufig als Gerechter. Die Bergpredigt mit ihrer Zielsetzung der Liebe zu Gott und zu allen Menschen, auch zu den Feinden und Sündern, wird vergessen. Vielleicht hat sie ein „frommer Christ“ noch nie gelesen.

Das Wort vom Balken im eigenen Auge kommt uns in den Sinn. Wir sollten unser Gewissen prüfen, wenn es um den Umgang mit Sündern geht, und dabei wieder an Jesus Maß nehmen.

 „Als sie seine Antwort gehört hatten, ging einer nach dem anderen fort, zuerst die Ältesten.“

Sie lassen sich zum Umdenken bewegen. Sie gehen offenbar in sich. Wer mit Jesus in Berührung kommt, der wird verwandelt. Der Christ pflegt die Gemeinschaft mit Jesus Christus, weil er weiß, dass er nur so zu einem neuen Denken, zur Umkehr aus seinen lieblosen Vorurteilen, zu einer richtigen Einschätzung der Mitmenschen und seines eigenen Lebens finden kann.

 „Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!“

Die Szene berührt, weil sie die liebende, rücksichtsvolle Zuneigung Jesu zum sündigen Menschen zeigt. Jesus bagatellisiert die Sünde nicht, er spricht frei, aber mit der Aufforderung: „Sündige von jetzt an nicht mehr!“ Und selbst in dieser Ermahnung klingen Milde, Achtung vor dem Menschen und Liebe durch.

Diese Liebe Jesu zu den Sündern ist auch die stärkste Triebfeder unserer eigenen Bekehrung. Gleichzeitig ist diese Haltung Jesu für alle, die Moral predigen, beispielhaft: für Eltern, Lehrer, Priester und sonstige Verantwortungsträger.

 Das Gleichnis regt zu Nachdenklichkeit an und kann uns wieder ein Stück des Fastenweges zeigen, den Christen in der Nachfolge Jesu gehen können. (merli@utanet.at)